CD Kritik Progressive Newsletter Nr.48 (04/2004)

Angulart - Donde renacen las horas
(67:30, Mylodon Records, 2004)

Werden durch das argentinische Label Viajero Inmovil die obskuren Veröffentlichungen der argentinische Progszene beackert, so fällt diese Rolle in Chile Mylodon Records zu. Eines haben beide Label dennoch gemeinsam: sie stehen nicht unbedingt nur für leichte, alltägliche Kost, sondern es darf ruhig mal etwas schräger, sperriger, teils auch avantgardistischer zugehen. Angulart aus Chile passen ganz gut in die Kategorie "nicht unbedingt alltäglich", fühlen sich aber in Vergleich zu anderen Labelkollegen ebenfalls in der Sparte "irgendwie noch vertraut" wohl. Die fünfköpfige Band geht die Sache von der Grundtendenz eine Spur härter an, fundierte Hard Rock bzw. Rock Wurzeln sind unverkennbar zu vernehmen. Als emotionale Randnotiz kommt expressiver spanischen Gesang hinzu. So weit zur Kategorie "irgendwie noch vertraut". Als zusätzliche Ergänzung dürfen sie dafür auch mal in progressive Gefilde abtauchen. Hier ein sinfonischer Schlenker, nur vom Piano getragene Passagen voll Gefühl und Atmosphäre, dort eine etwas vertracktere, ausufernde Wendung, angedeutete jazz-rockige Ausflüge. Vom Grundansatz "nicht unbedingt alltäglich" kein typischer Prog Metal, den man zuerst bei mehr Härte vermutet, sondern in der eigentlichen Ausrichtung konsequenter, entweder mehr dem Rock / Hard Rock oder der komplexeren, verspielteren Variante zugewandt. Bisweilen gelingen dabei absolut beeindruckende Verquickungen, besonders im Instrumentalbereich, die vor allem in ihrer mitreißenden Ausdruckskraft und überschäumenden Dramatik fesseln. Dennoch ist nicht alles nicht bis ins letzte Detail durchdacht, die Übergänge wirken hin und wieder doch arg holprig, ungelenk und zu undifferenziert. Ein sehr matschiger, dürftiger Sound, dem die rechte klangliche Tiefe fehlt, der mehr an ein Demo bzw. Proberaum erinnert, macht es dem Hörer ebenfalls nicht leicht. Somit kämpft man gegen ungewollte soundtechnische Unzulänglichkeiten, muss sich mit unfreiwilliger Sperrigkeit auseinandersetzen. Schade eigentlich, denn man merkt und hört, dass hinter dieser Band mehr steckt, dass hier noch jede Menge ungenütztes Potenzial schlummert. Vor allem gegen Ende der CD hat sich Band regelrecht "warmgespielt". Somit bleibt Angulart vor allem der Exotenbonus, der ihnen aber letztendlich nur bedingt weiterhilft. Vielleicht gelingt ihnen beim nächsten mal doch noch mehr aus dem eigenen Können herauszukitzeln - es wäre ihnen zu wünschen.

Kristian Selm



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