CD Kritik Progressive Newsletter Nr.47 (02/2004)
Tangerine Dream - DM4
(69:39, TDI Music, 2003)
Hinter dem Kürzel DM verbirgt sich die TD-Reihe Dream Mixes. Mittlerweile ist man bereits bei Version 4 angelangt. Es verlange bitte niemand von mir, sämtliche Tangerine Dream Alben zu kennen und alle neu eingespielten Titel den Originalalben zuordnen zu können. Die Zahl der veröffentlichten Alben dürfte mittlerweile fast im dreistelligen Bereich liegen, sprengt also im Zweifel das Budget des herkömmlichen Fans. Die Musik von TD muss sicherlich niemandem mehr vorgestellt werden. Dass sie einen hohen Grad an Akzeptanz erreicht haben, zeigt auch der Hinweis auf dem aktuellen Album, dass TD siebenfach Grammy-nominiert waren. Das sagt schon einiges aus. In den 70ern haben sie Pionierarbeit geleistet und sich einen Status erarbeitet, den ihnen niemand mehr nehmen kann. Tangerine Dreams Alben waren eindeutig wegweisend. Wie auch für viele Prog-Größen der 70er gilt auch für TD: die guten 70er Zeiten (in der Besetzung Froese, Franke, Baumann) sind längst passe, Alben wie "Stratosfear" oder "Phaedra" sind Geschichte. Zu behaupten, dass sie auch heutzutage noch Meilensteine setzen, halte ich für übertrieben. Aber sie haben immer noch etwas zu sagen in der Elektronik-Szene, und das nicht zu Unrecht. Seit einigen Jahren veröffentlichen sie ihre Alben auf ihrem eigenen TDI Music-Label. Mit ihren Neuerscheinungen revolutionieren sie die Szene zwar nicht, aber Alben wie das vorliegende neue Werk wissen durchaus zu gefallen. TD im Jahre 2003 ist ein reines Vater-Sohn-Projekt, sprich Edgar und Jerome Froese sind allein verantwortlich. Man hat sich längst der Zeit angepasst und dementsprechend moderne Rhythmen eingebracht, andererseits tauchen aber immer wieder mal typische, alte TD-Elemente auf, wie z.B. auf dem sehr schmissigen "Messenger", das sich trotz moderner Rhythmusunterlegung eindeutig als Tangerine Dream-Nummer identifizieren lässt. Wer "Bug eye" vom Galahad-Album "Following ghosts" mag, der wird hiermit sicherlich gut klar kommen. Kleiner Hinweis für alle Technik-Freaks: alles wurde ausschließlich unter Verwendung eines Steinberg Cubase SK aufgenommen. Derlei Details kann ich nicht beurteilen, für mich klingt dieses Album im wesentlichen wie vieles seiner Vorgänger. Zwar gibt es für mich keinen Grund, warum der Leser jetzt unbedingt ausgerechnet dieses TD-Album kaufen muss, andererseits hat "DM4" durchaus einige wirklich starke Momente. Schon die Dream Mixes 1 und 2 gefielen mir sehr gut (Teil 3 kenne ich nicht), und gleiches gilt auch für diese Neuerscheinung. TD-Anhänger können hier also bedenkenlos zugreifen. Gravierend Neues hat man nicht zu erwarten, vielmehr die übliche TD-Qualität. Und wer das mag, greift halt auch hier zu. Ich vermisse allerdings schon etwas die Abwechslung, die der hervorragende Gitarrist Zlatko Perica, mit dem TD z.B. absolut Prog-taugliche Titel eingespielt hat (siehe "220 Volt live") oder auch Frau Spa einbrachten.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2004