CD Kritik Progressive Newsletter Nr.47 (02/2004)

Psicotropia - Psicotropia
(56:17, Luna Negra, 2003)

Progressive Rock Bands bzw. Bands aus dem weiteren Umfeld dieses Genres, hängen in Spanien regelrecht in de Luft. Dies macht die Tatsache deutlich, dass eine vermehrte Anzahl von ihnen den Weg über den großen Teich nach Mexiko nimmt, um beim dort ansässigen Label Luna Negra eine Heimat für die Veröffentlichung der eigenen Musik zu finden. Auch Psicotropia gingen diesen Weg. Glücklicherweise arbeitet Luna Negra mit den französischen Kollegen Musea als Vertriebspartner zusammen, so dass die Scheiben doch wieder ihren Weg nach Europa finden. Die globale Welt offenbart doch immer wieder einige widersinnige Irrwege. Zurück zur Musik. Psicotropia agieren auf den ersten Blick als klassisches Trio in der Besetzung Gitarre - Bass - Schlagzeug mit dementsprechender klanglicher Beschränktheit. Doch mit der Hinzunahme von Keyboards, sowie diversen Gastmusikern an Flöte, Mundharmonika, Cello und Gesang bewegen sie sich dennoch wohltuend vom Gleichklang einer typischen 3-Mann Band hinweg. Dominierendes Instrument bleibt die Gitarre, deren Klangbreite von sachter Songbegleitung, frippiger Nervosität bis hin zu schweren Riffs reicht. Nicht von ungefähr, steht bei den Gracias (spanisch für "Danke") als erster Name King Crimson, auch wenn dieser Vergleich nur in einigen Passagen zieht. Ansonsten könnte man die stilistische Tiefe als ausgewogenes Spannungsfeld zwischen Art Rock / Hard Rock und Psychedelic Rock titulieren. Von allem eine gehörige Portion, je nach Belieben mal mehr in die eine oder andere Richtung ausgerichtet. Auch wenn es über weite Strecken instrumental zur Sache geht, braucht sich der gelegentliche Gesang keineswegs zu verstecken. Bei "Madre Tierra" in akzentfreiem englisch vorgetragen, geht es danach mit mehr Pathos und Ausdruck in die heimatsprachlichen Gefilde des, etwas klischeehaft und überspitzt formuliert, sich überschlagenden Torero Rocks. Zwar kommt der Sound hier und da eine Spur zu dünn daher, könnten die Ideen noch eine pfiffige Note vertragen, aber ansonsten sind die Spanier bereits auf dem richtigen Weg. Ein mehr als ordentliches Debüt, welches es jedoch aufgrund der mannigfaltigen Konkurrenz schwer haben wird, seine Hörer zu finden. Wer mehr die sperrigen Töne, das leicht ungewöhnliche vorzieht, darf hier ruhig mal vorbeihorchen.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2004