CD Kritik Progressive Newsletter Nr.47 (02/2004)

Opus Est - Opus I
(70:50, Musea, 1983)

Die Geschichte von Opus Est geht zurück bis ins Jahr 1975, als sich in Schweden einige Musiker um den Multi-Instrumentalisten Kent Olofsson formierten, der inzwischen in seiner Heimat ein bekannter Komponist für zeitgenössische Musik ist. Anfangs widmete man sich noch improvisiertem Jazz Rock im Stil vom Mahavishnu Orchestra, mit der Zeit und nach diversen Umbesetzungen ging es jedoch immer mehr Richtung auskomponierten Progressive Rock im Fahrwasser von Genesis, Yes und ELP. "Opus I" entstand 1983, als die Band einen Wettbewerb bei einer lokalen Radiostation gewann, der ihnen die einwöchige Benutzung eines mobilen Aufnahmestudios ermöglichte. Diese Aufnahmen ermöglichten die erste und einzige LP, bevor man sich 1984 aufgrund von Erfolglosigkeit schließlich trennte. Stilistisch bewegen sich Opus Est im typischen Neo Prog Fahrwasser der frühen 80er. Ihre Ideen und Arrangements sind nicht zu komplex, aber dennoch verspielt, bisweilen ausladend vertrackt, aber immer sehr melodiebetont und mit hüpfenden Bassparts, leicht käsigen, etwas schwachbrüstigen Keyboardsounds und flirrenden Gitarrenlinien versehen. Der Klang erinnert hier und da an frühe Aufnahmen von IQ, Pallas bzw. Castanarc, etwas rau und ungeschliffene eben, ohne dass sie leider an ihre britischen Kollegen heranreichen. Ein solider Grundstock ist immerhin gelegt. Problematisch ist dafür der Gesang. Manche werden hier von einer eigenständigen Stimme spreche, der Pressewisch wirft mal gleich den Namen Peter Hammill in Raum, mein persönliches Empfinden ist jedoch eher von gehörigem Entnerven geprägt. Auf Dauer kann man sich mit der leicht nasalen, von der Tonlage her eher ungewöhnlichen Linien bevorzugenden Gesangsleistung zwar arrangieren, in echtes Wohlgefallen löst sich die Zuneigung nicht auf. Dafür grast die instrumentale Fraktion in total bekannten Terrain. In manchen Stellen wird zwar der Hang zum Kitsch, zum süßlichen Wohlklang übertrieben, dennoch kann man den Aufnahmen nicht eine gewisses Potenzial, ansprechenden Charme absprechen, da auf der anderen Seite ausladende, sinfonische Parts mit einer gesunden Verspieltheit und leichten Grundhärte stehen. Ein leichter Hang zu poppigen Einfallen ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen, wobei diese mehr oder weniger geschickt und nicht zu direkt in die Songideen eingewoben werden. Die besseren Stücke der Band kommen jedoch zum Ende der CD, wo sie mit dem fast neunminütigen "The witnesses" ein echtes neo-progressives Kleinod abliefern, welches sich in Spannungsaufbau und innerer Dramatik durchaus mit dem Material der Konkurrenz zu jener Zeit messen kann. Mehr davon und Opus Est wären wirklich mehr als nur ein Geheimtipp für Komplettisten. So bleibt die Band lediglich eine Randnotiz aus den 80ern, die man nicht unbedingt gehört haben muss, lieber greift man da doch auf die britischen Kollegen wie z.B. IQ oder Pallas zurück. In den Archiven schlummern übrigens noch weitere unveröffentlichte Aufnahmen aus der früheren Bandhistorie, die von Musea zukünftig auf einem weiteren Album veröffentlicht werden sollen.

Kristian Selm



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