CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)
Mythologic - Standing in stillness
(40:58, PMM, 2003)
Nach der Devise "Klasse statt Masse" veröffentlicht das Szenelabel PMM in unregelmäßigen Abständen seine CDs, wobei es sich meist um die vielen Projekte des Labelinhabers und Multiinstrumentalisten Chris Rodler handelt. PMM ist damit so etwas wie DGM für King Crimson: die Möglichkeit der eigenen kreativen Kraft ein Plattform zu bieten. Ob Leger De Main, RH Factor, Gratto oder Andeavor, zwar erreichte leider keine dieser Bands mehr als Respekt im Underground, aber mit besserem Vertrieb wäre sicherlich mehr möglich, denn musikalische Qualität und Inhalt stimmen, wovon man sich auf der labeleigenen Website durch Hörbeispiele überzeugen kann. Das aktuelle Projekt heißt Mythologic, wie die anderen vorher aufgezählten Bands schlägt es in die gleiche Kerbe des Progressive Rocks der etwas härteren, komplexeren Ausrichtung. Die bei Mythologic beteiligten Musiker sind keineswegs Unbekannte für die Kenner des Labels PMM. Neben Chris Rodler an Gitarre und Bass, trommelt sein Bruder Brett, hinter dem Mikrofon steht Melissa Rodler, die Sängerin von Leger De Main, inzwischen in die Familie eingeheiratet. Somit wäre eigentlich das komplette Line-Up von Leger De Main zusammen, wobei Gitarrist Steve Matusik (ebenfalls bei Andeavor aktiv) das Quartett vervollständigt. Ganz grob gesprochen ist die stilistische Ausrichtung von Mythologic eine Verbindung von Leger De Main und Andeavor, sprich polyrhythmischer, technisch ausgerichteter Prog Metal, bekommt einen mehr melodischen Kick, etwas mehr rockigen Bombast im frühen Rush Stil verpasst. Wie bei den Alben von Leger De Main, sind die Kompositionen von Mythologic für das erste Hören nicht gerade eingängig ausgelegt, jedoch aufgrund kürzerer Spielzeit recht zugänglich. Es fehlt vor allem an leicht erkennbaren Melodien, was die Unterscheidbarkeit der einzelnen Songs zu Beginn nicht gerade erleichtert. Überspitzt formuliert: manches klingt irgendwie ähnlich. Doch dies ist nur an der Oberfläche gekratzt. Wenn man sich nämlich intensiv mit diesem Album beschäftigt, schälen sich langsam besser erkennbare Strukturen heraus, gewinnen die einzelnen Phrasen und Songs mehr an Inhalt und Eigenständigkeit. Die fast schon crimsonesken Zwischenteile, voll musikalischer Gewalt und Komplexität stehen im Wettstreit mir den Gesangsparts, mit den melodischen, einfacheren Songteilen. Trotz härterer Ausrichtung, nicht nur aufgrund fehlender Keyboards, kein typischer Prog Metal, sondern inhaltlich vielschichtiger ausgelegt. Keine Liebe auf den ersten Blick, trotzdem setzt "Standing in stillness" konsequent die hohe Qualität von PMM Veröffentlichungen fort. Wer es härter und sperriger mag, sich ein Album langsam erarbeiten möchte, der liegt bei Mythologic genau richtig.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003