CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)
Little Atlas - Surface serene
(59:44, ProgRockRecords, 2002)
Aus "alt" mach "neu", so ungefähr könnte man das beschreiben, was Little Atlas auf "Surface serene" betreiben. Natürlich enthält ihr Album jede Menge typischen Progressive Rock, der mal etwas neo-proggig, dann wieder typisch retro daherkommt, doch durch genügend Kräuter aus dem bunten Gemüsegarten der Rock und Popgeschichte, bekommt das Album die recht Würze. Nach langer Zeit endlich mal wieder eine Band, bei der man aufhorcht und die vom Spielerischen grob an Bands wie Izz bzw. vom Ansatz her an Spock's Beard "Light" (nicht das Album, sondern vielmehr.die Ausrichtung!) erinnern. Die Jungs (äh, pardon, da habe ich doch glatt die Backgroundsängerin unterschlagen) probieren einiges aus und so kann es vorkommen, dass sie mal ein paar Takte Reggae, poppigen Harmoniegesang oder südamerikanische Rhythmen einfließen lassen, es darf auch gerne mal durch den Orient gewandert werden. Noch klappt dabei nicht jedes Versatzstück, greift jede Idee griffig ineinander, doch zum einen ist so viel Offenheit und Ideenreichtum lobenswert, zum anderen muss ja auch nicht permanent nur schablonenhaft in der Progvergangenheit gewildert werden. Wenn's passt, ja warum denn nicht? Der offensichtliche Vorteil: bei Little Atlas weiß man eigentlich nie, wohin sich eine Idee hin entwickelt, wird dabei aber dennoch nicht gnadenlos überfahren. Im Fußball erfand mal Otto Rehagel den Begriff der "kontrollierten Offensive" - passt eigentlich auch irgendwie ganz gut auf die Musik von Little Atlas. Besonders in den Instrumentalteilen wird sich der "gemeine" Proggie sofort zurecht- und wiederfinden und mit Bandleader Steve Katsikas (Gesang, Keyboards, akustische Gitarre, zudem noch Produzent und hat bei der Abmischung seine Finger drin - hmm, erinnert doch irgendwie von den Tätigkeiten an einen gewissen Neal Morse) verfügt man über eine typische, leicht erkennbare Stimme, die Little Atlas ein eigenes Profil verleiht. Typisch amerikanisch ist der Hang zum Mainstream, sprich Melodien und rockiges Grundgerüst bieten einen soliden Unterbau, auf dem man sich austoben kann. "Surface serene" ist nicht unbedingt ein Album, was einen sprachlos zurücklässt oder gleich auf Anhieb wegbläst, doch es besteht den Test der Zeit, des mehrmaligen Anhörens bei wachsender Hörfreude. Ganz im Gegensatz zum ersten Teil ihres Namens, könnten Little Atlas zukünftig mal "big" herauskommen. Bin bereits gespannt, wie es mit dieser Band weitergeht.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003