CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)
Krakatoa - We are the rowboats
(49:52, Cuneiform, 2003)
"We are the rowboats" ist bereits das dritte Album des New Yorker Quartetts Krakatoa. Ihre Musik ist eine seltsame Mischung, die außerordentlich wirksam intoniert wurde. Der rumplige Rock bezieht seine Energie aus Punk, Folk, Progressive Rock, Klassik und Jazz (um nur einige Sammelpunkte zu nennen) und macht daraus einen ironischen Avant Pop der besonderen Art. Die 16 kurzen Songs sind Cartoon-Figuren, amüsant und spleenig. Val Opielski am Bass und dem forschen Hau-Drauf-Piano, Geldon Jones an der sanft-epischen Violine und zweitem Piano, Ted Casterline am Bass und der minimalistischen Schrammelgitarre und Ely Jones am lärmig-komplexen Schlagzeug fabrizieren mit urigen Kompositionen und Schalk-im-Nacken-Arrangements Songs, die simpel und blöd, zugleich jedoch komplex und überraschend klingen. Tatsächlich haben die Songs solche Namen wie "Snoopy with Mohawk" (dessen Beginn gnadenlos gut ist!), "Albatross to Betraton" oder "Philadelcula" - dahinter verbergen sich nicht minder seltsame Tongefüge, deren einziger Sinn es ist, zu unterhalten, Spaßviren zu verteilen und das auf charmant-böse Art. Sogar "Sabre Dance" von Aram Khatchaturian bleibt nicht verschont und wird zu einer poltrigen Wildwest-Kneipen-Nummer (die plötzlich zu einem U-Boot-Monster-Thrill sich verzaubert, was vom perlenden Piano zur Farce gemacht wird, daraus entsteht ein wahrhafter tonaler Cartoon, dem Winnetou und John Wayne den Krieg erklären, woraufhin sich ein Ameisenberg zu Tode lacht!). Und so geht es fort. Nichts wird zu ernst intoniert, die seltsam-schönen Kompositionen kitzeln die Sinne und machen übermütig. Krakatoa wissen ihren Humor in Musik zu verpacken. Doch nicht alles ist perfekt. Hin und wieder hinken die Ideen, macht sich ein Gefühl von Banalität breit. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass die Band nicht immer von dem überzeugt ist, was sie tut. Und trotz all der forschen, fröhlichen und ironischen Motive bleibt ein schaler Geschmack zurück. Hier wird eine nonchalante Idee zu lässig intoniert, worauf sich gähnende Leere offenbart, dort hätte ein Zacken wilder musiziert werden können. Expressive Ideen, schräge Motive, wilde Musik gibt es selten bei Krakatoa (Ausnahme: "Accelerations"), ihre besten Seiten haben sie in den humoristischen Songs, die fast kinderliedartig und mit viel instrumentalem Sinn inszeniert werden. Trotzdem ist die CD eine nette Überraschung, die witzigen Songs überwiegen. Reinhören empfohlen.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2003