CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)

Heon - electro-acoustic Requiem électro-acoustique
(39:55, Unicorn Records, 2003)

Gitarrenalbum mal komplett anders. Weiß man bei sonstigen Soloexkursionen eines Gitarristen eigentlich schon, dass es sich meist um eine hedonistische Nabelschau handelt, ging der kanadische Gitarrist Martin Heon einen gänzlich anderen Weg. Er experimentierte mit den gesamten Klangspektrum und allen erdenklichen akustischen Möglichkeiten, die eine Fender Stratocaster und ein Computer bieten. Dies bedeutet: auf diesem Album hört man nur Geräusche, die originär von einer Gitarre stammen, jedoch erschaffen Loops, Plug-Ins und Verfremdungen ganz neue Klangerlebnisse, zwischen denen immer wieder 'normaler' Gitarrensound seinen Platz findet. So legt mal ein elektronischer Beat den Rhythmus vor, schwebt ein elektrifizierter Flirren durch den Raum oder eine verspielte Melodie sucht sich ihren Weg. Glücklicherweise widerstand Martin Heon dabei der Versuchung, ein reines Experimentalalbum mit avantgardistischen Ansatz zu kreieren. Denn neben klanglichen Experimenten, die aber mehr für eine Atmosphäre-schaffende Grundlage zwischen Electronic, Ambient und Rockgroove dienen, wurde die Führungsrolle der allseits bekannten Klangbreite eines Sechssaiters überlassen. Mal in höchsten Tönen jubilierend, mal rockig rotzend, werden stellenweise vor allem Erinnerungen an eine elektronische überdrehte Version der frühen Mike Oldfield Werke geweckt. Ob Beach-Urlaubsfeeling, düstere Stimmungen, Soundtrackartiges oder crimsonesker Techniksound - alles vertreten, was die Elektronen hergeben. Dieses elektro-akustisches Werk ist letztendlich mehr etwas für sehr offene Ohren bzw. Interessenten von neuen Klangeindrücken. Interessant und spannend anzuhören, aber für den allgemeinen Hausbedarf oder den "Normal" Proggie nur teilweise geeignet.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2003