CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)
Frank Gingeleit - Nightmares & escapades
(47:03, Privatpressung, 2002)
Frank Gingeleit - Megalopolis
(49:26, Privatpressung, 2003)
Frank Gingeleit - Toy Island
(49:38, Privatpressung, 2003)
Die drei CDs "Nightmares & escapades", "Megalopolis" und "Toy Island" sind als folgerichtige Trilogie aufgebaut. Frank Gingeleit hat alle Stücke komponiert, eingespielt, aufgenommen und gemixt. "Nightmares..." ist die erste CD. Die instrumentalen Songs sind auf Gitarre und einem Gitarrensynthesizer eingespielt worden. Ambiente, avantgardistische Klanggebilde, teilweise lyrisch-harmonisch, teilweise eher atonal-disharmonisch fließen gemächlich aus den Boxen. Die Töne und Klänge sind interessant und nachvollziehbar arrangiert, obwohl hin und wieder ein luftiges Gefühl aufkommt, dass die ganze Sache eher ein Gespinst als wirkliche Lautierung von Musik ist. "Abstract Jazz" und "Fractals" sind die besten Stücke, gefolgt vom soundvollen "The industrialization of Mars". Die Gesamtstruktur der 8 Tracks ist beeindruckend, kein unterstützender Rhythmus ist in die Stücke gegeben, so dass sich die rhythmische Nuance aus dem "Tempo" der Schwell- und Melodietöne vermittelt. "Megalopolis" ist auf einem virtuellen analogen Synthesizer eingespielt worden. Das Album ist stark elektronisch geprägt, Erinnerungen an vergangene Klaus Schulze-Zeiten kommen auf. Hier sind Rhythmen ohne Schlagzeugsound eingewoben worden. Keyboardberge schweben durch den virtuellen Raum, skizzieren meditative Melodien und harmonische Typen, die an New Age denken lassen. Der Minimalismus ist zwar ansprechend und kuschelig, aber im Grunde überflüssig. Wer sich gern im dunkeln einschließt und seine Boxen aufdreht, kann gewiss entspannende Erfahrungen mit "Megalopolis" machen. Es sind keine belanglosen Sounds, die Frank Gingeleit generiert. Aber gewiss auch keine abstrakten Eigenwilligkeiten, die neue Wege aufschließen. Das Album fügt sich nahtlos in die Reihe elektronischer Veröffentlichungen der letzten 30 Jahre und ist eher ein Mehr an Information als an Begeisterung. Das dritte Album "Toy Island" geht noch einen Schritt weiter. Die Sounds haben was von Space Psychedelic Trance. Die Rhythmen, für unendlich festgenagelt, lassen über sich eine Batterie rauschender Melodien fließen. Die modernen Klänge hüpfen simpel, meditativ und teilweise repetitiv dahin, lediglich einen kleinen Rahmen emotionaler Strömungen öffnend. Wie immer bei solchen neuen Produktionen verführen die harmonischen Klänge das Hirn und lassen den Geist tief versinken. Sicher ist das ansprechend, aber ebenso schnell wird man dieser Simplizität überdrüssig (die in der Einspielung sicher nicht simpel war). Der harmonische Reichtum der beiden Vorgängeralben hat sich verzogen, hier werden Strichcodes zu Tonstraßen, auf denen zu spazieren die Sinne schnell die Lust verlieren. Vor allem das Ausliefern an einen bestimmten Rhythmus, das Vorherbestimmen der Erlebnisbreite lassen schnell den Mut sinken, dass "Toy Island" mehr ist, als nur eine weitere Dance-lastige Produktion, die auf Bassgrooves und Flittersounds setzt. Sicher sind die Stücke besser als der Techno-Dreck, der so gern hammerlaut aus den Autos wummert, aber was ist das nicht. Frank Gingeleit hat die Trilogie im Anspruch zu Beginn weit oben angesetzt und die Klangwelt Album für Album langsam abgedreht, so dass zum Schluss nur ambiente Rhythmen mit tonalem Überhang zu hören sind. Die Arbeit an diesem Projekt war sicher sehr anstrengend, ein solches Projekt auf die Beine zu stellen, braucht viel Energie, Durchhaltevermögen und Kunst. Leider hat sich im dritten Werk Beliebigkeit eingeschlichen. Doch Electronic-Fans werden das sicher genau anders herum sehen.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2003