CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)
Culpeper - All dressed up and nowhere to go
(Sonet, 1977)
Tja, irgendwie geht diese Scheibe anscheinend an allen vorbei. Bringt die Vorgängerband der Dänen, nämlich Culpepper's Orchard mit ihren 3 LPs noch Sammler früh70er-symphonischen Folkrocks zum Schwärmen und auf Sammlerbörsen dreistellige Summen, kräht nach dem namenstechnisch abgespeckten englisch-dänischem Fünfer kein Hahn. Dabei haben sie eigentlich gar nicht soviel an ihrem Rezept geändert: ähnlich wie ihre englischen Brüder im Geiste, die Strawbs, haben sie einen genialen Sänger mit unverwechselbarem Timbre, der in Ansatz und Intonation stark in der Peter Gabriel-Tradition der frühen (Genesis-)Jahre steht. Die interessanten Arrangements der Backgroundvocals, ein jazzig phrasierender Five-String-Fretlessbass, akustisch gedoppelte E-Gitarre, zurückhaltende Keyboards und ein sparsam, aber akzentuiert eingesetztes Schlagwerk bilden den idealen Rahmen für die intelligenten Kompositionen, die trotz des gängigen Vers-Refrain Schemas mit solistischem Zwischenspiel außer Ohrwurmcharakter auch noch sich ständig erneuernde Unverbrauchtheit demonstrieren. In ihren schwächsten (!!) Momenten werden Parallelen zu den besten von Steely Dan bemerkbar, aber die Schlussnummer "Sad decline" hat eine Wärme, die jenseits aller amerikanischen Oberflächlichkeit und Kalkulierbarkeit liegt. Mit Sicherheit kein Progressive Rock der offenen Schubladen, sondern Melodien mit Raffinesse und Engagement.
Charly Heidenreich
© Progressive Newsletter 2003