CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)
Charles Brown - Earth voyage
(40:21, Fossil Records, 2003)
"Earth voyage" ist wie Charles Brownïs Erstling "Mystics" eine komplett selbständig produzierte Veröffentlichung. Sämtliche Töne hat Charles selbst geschaffen, bzw. die Hebel, Knöpfe, Tasten und Saiten dafür bedient. Tontechnik, Aufnahme, Mix bis zur endgültigen Fertigstellung, Label und Layout - Charles ist ein technisches Genie, und ein musikalisches zudem. Seine musikalische Orientierung liegt zwischen den Polen Hardrock und Melodic Rock, streift Progressive Symphonic, Klassik, Electronic und New Age. Die beiden letztgenannten sind nur Horizontpunkte. Zumeist rockt es in den 12 Songs auf "Earth voyage" gewaltig. Bombastische Vielfältigkeiten von Gitarre und Synthesizer werden vom stabilen Rhythmusgerüst Bass / Schlagzeug, die beide elektronisch geschaffen wurden, getragen. Natürlich ist der Rhythmus etwas eindimensional, das fällt aber in dem "vollen" Soundbild nicht sehr auf. Schwere Synthesizerfiguren, vom Guitar Synthesizer eingespielt, flechten fette Schwaden oder breite harmonische Melodiemuster. Hin und wieder geht Charles völlig anders vor. Er rezitiert einen klassischen Choral von Bach elektronisch, lyrisiert mit akustischer Gitarre über düsteren Keyboardschwaden und lässt eine elektrische Gitarre aus dem Off ins tonale Bild kommen, bis das Stück zum heftigen Rocker wird. Keine schlechte Metamorphose, was, jedoch, hätte der gute Johann Sebastian dazu nur gesagt?! Die stilistischen Brüche nimmt Charles selbstbewusst gelassen, das überzeugt. Zwar sind einige Ideen etwas seicht, andere zu süß und ein Arrangement schon mal im Harmoniesumpf versoffen. Doch das sind nur geringe Aussetzer. Erstaunlicher Weise ist die Produktion sehr ausgewogen, lebendig und mitreißend. Da es sich, wie gesagt, um eine Eigenproduktion handelt, kann man den etwas angeschlagenen Klang hinnehmen, da gibt es deutlich schlechtere Aufnahmen. Gewiss ist "Earth voyage" nicht die Überraschung des Jahres, aber eine Anerkennung auf alle Fälle wert. Reinhören empfohlen.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2003