CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)
Behold... The Arctopus - Arctopcalypse Now...
(11:15, Privatpressung, 2003)
Behold... The Arctopus ist ein AvantJazzMetal Trio, das in Speedmetal-Geschwindigkeit arbeitet. Ihr Debüt ist leider nur sehr kurz, die beiden Songs sind zusammen kaum länger als 11 Minuten und machen doch ungemein viel Lust auf mehr. "Alcoholocaust", das erste Stück ist 2:52 lang. Ein radikaler, genialer "Song", der unglaublich aufwändig und komplex aufgebaut ist. Diese Struktur zu schaffen, bedarf es wohl höchste Konzentration und Durchhaltevermögen, zuvor das Können, sich diesem Aufwand zu widmen! Beide Stücke sind rein instrumental und bieten keine Ruhepunkte. Nachdem Stück 1 abrupt verklungen ist, dass ich mich über die Rasanz und trotz aller Dynamik gezügelte Wildheit wundere, jagt schon Song 2 an. "You will be reincarnated as an Imperial Attack Spaceturtle (Pt 1)" legt noch mal Kohlen nach und holzt die Nervenenden in 8:21 gewaltig ab! Die Ideenvielfalt ist erschlagend, wie ein Rausch vollzieht sich das Stück. Plötzlich gibt es rhythmische und melodische Brüche, ein Sekundenbruchteil lang wähne ich ein Diskopop-Motiv, das gleich rituell geschlachtet wird. Das in einer Kürze, einer Frische und Hingabe, dass es markanter kaum zu gehen scheint. Doch die Band ist längst woanders und frisst sich durch andere Gefilde. Mike Lerner (lead guitar), Colin Marston (12-string super guitar, Infidel? / Castro!) und Charlie Zeleny (lead drums) sind eine große Überraschung. Ihre Radikalität sammelt alle Inspiration aus der progressiv-avantgardistischen Rockmusikgeschichte. Sicher wäre diese CD ohne die frühen King Crimson so nicht möglich. Die eigene Inspiration jedoch und die Eigenständigkeit, zudem die hohe Qualität der Komposition, Intonation und Poser-freien Dynamik sind weit mehr. Behold... The Arctopus sind die Zukunft des AvantProg. Wahrscheinlich ist die Zeit gekommen, dass kompromisslose Jazzmetaller wie Dysrhythmia und Behold... The Arctopus endlich eine Basis haben, ohne ihre Ideen in Klischee-triefenden Allgemeinheiten anbiedern zu müssen. Vielleicht mein Album des Jahres. Auf jeden Fall ein Muss, von dem hoffentlich bald mehr zu hören sein wird.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2003