CD Kritik Progressive Newsletter Nr.44 (06/2003)
Spaced Out - Slow Gin
(50:40, Unicorn Records, 2003)
Spätestens seit ihrem energiegeladenen Auftritt auf dem letztjährigen NEARfest sind Spaced Out auf der internationalen Prog / Jazz Rock Bühne kein gänzlich unbeschriebenes Blatt mehr. Das Franco-kanadische Quartett um den Bandleader / Bassisten Antoine Fafard setzte bereits mit den ersten beiden Alben einen technisch hohen Standard, mit dem dritten Werk "Slow Gin" gehen die vier Instrumentalkönner nun zum Teil neue Wege, setzen andere Akzente, ohne gänzlich die Vergangenheit abzuhaken. "Slow Gin" wird wesentlich mehr von Stimmungen und Atmosphären getragen, das virtuose Spiel so zum Teil der songdienlichen Gedankensprünge. Nicht mehr nur "Direkt-ins-Gesicht" lautet die unbarmherzige Devise, sondern subtile Zwischentöne lassen die Musik von Spaced Out insgesamt düsterer und härter erscheinen. Das bedeutet aber keineswegs, dass die Instrumente weniger zum Rauchen gebracht werden, stellenweise lässt es die Formation aus Montreal ganz schön krachen. Man benötigt Zeit und Geduld, um in die Musik tiefer einzudringen. Es sind dabei nicht nur die abartigen Bassläufe, sondern auch im Hintergrund (vor allem am Schlagzeug) spielt sich so viel ab, dass man genau zuhören muss, um alles mitzubekommen. Zwar musizieren Spaced Out hauptsächlich in der Liga "Musik für Musiker", doch durch die kompositorische Weiterentwicklung, der deutlicheren Betonung der Songstrukturen wirken die einzelnen Titel kompakter, transportieren für den Hörer nicht nur selbstverliebtes Instrumentengequäle. Stellenweise fühlt man sich auf "Slow Gin" an den Prog Fusion Stil von Planet X erinnert, wobei bei Spaced Out mehr der Bass im Vordergrund steht, Keyboards und Gitarre den zurückgenommenen, aber ebenfalls virtuosen Gegenpart übernehmen. Bis auf das sehr experimentelle "Blue Ron Pipe A.M.", bei dem Ronald Stewart am Saxophon einen Gastauftritt hat, kann die inhaltliche Neuorientierung von Spaced Out als überaus gelungen bezeichnet werden. Ein Album, auf dem die den Rock beschreibenden Zusätze "Progressive" und "Jazz" eine perfekte Symbiose eingehen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003