CD Kritik Progressive Newsletter Nr.44 (06/2003)
Millenium - Vocanda
(53:26, Lynx Music, 2000)
Millenium - Reincarnations
(59;39, Lynx Music, 2002)
Der erste 'Kontakt' mit Millenium ergab sich während des Hörens des noch später vorgestellten Samplers "Polish Art Rock Vol.1". Leider gehörte die darauf enthaltene Beatles Coverversion "A day in the life" zu den schlechteren Beiträgen. Wie sieht es nun mit ihren Longplayern aus? Glücklicherweise findet man dort weder die Coverversion, noch die etwas hölzern wirkende Hard Rock Ausrichtung wieder. Vielmehr haben sich Millenium mehr oder minder dem hochmelodischen Neo Prog bzw. sinfonischen Rock verschrieben, was ja bereits zahllose Bands aus Polen erfolgreich vor ihnen vorlebten. In Rücksicht auf eine internationale Ausrichtung wurde auf eine sprachliche Hürde verzichtet, sprich der Gesang ist ausschließlich in englisch gehalten. Bei "Vocanda" handelt es sich um ein Konzeptalbum mit ineinanderverzahnten Titeln. Die Melodien haben komplett das Sagen, Passagen mit wirklichen Ecken und Kanten findet man hier keine, alles ist harmonisch, aber dennoch interessant in bester Neo Prog Tradition ausgerichtet. Bei Bedarf gibt's noch ein paar flinke Keyboardläufe, elegische, euphorische Gitarrensoli, ein paar mal darf auch ein Saxophon ran, im Hintergrund trällern angenehm zwei Backgroundsängerinnen. So weit, so gut. Leider gibt's dann ein paar Abzüge in der B-Note, womit "Vocanda" als ein angenehm anzuhörendes, gutes, aber keineswegs sehr gutes Album eingestuft werden kann. Den Kompositionen fehlt das letzte Feuer, welches die Kollegen von Collage oder Quidam anzuzünden wissen. Manch Einfall wirkt einfach zu plakativ, zu oft gehört, zu arg auf Nummer Sicher getrimmt. Dem harmonischen Gesamtlauf fehlt es an unvorhersehbaren Breaks und Wendungen zur Auflockerung. Auf jeden Fall zu Gute halten kann man Millenium die Melodieführung, so dass schon recht viel beim ersten Anhören hängen bleibt. Instrumental sticht besonders die Gitarre heraus, aber man merkt, das noch mehr Potential in dieser Band schlummert, deswegen anschließend die sofortige Überprüfung. Auf "Reincarnations" scheint zuerst mal alles beim alten geblieben. Hochmelodisch und eingängig geht's zur Sache, prächtig ist das Zusammenspiel aufeinander abgestimmt, dieses mal gibt es zudem ein paar Einflüsse der späten Pink Floyd zu hören (vor allem was den Gitarrensound betrifft). Zusätzlich kann man den Songs zu Beginn auch mehr inhaltliche Dichte attestieren. Doch im weiteren Verlauf der CD wird der Prog Einfluss, immer mehr von melodischen Soft Rock zurückgedrängt. Neben der floydige Stimmung und Gitarrensounds, kommen noch wesentlich geradegebügelte Arrangements hinzu. Schöne melodische Rockmusik, sicherlich, aber auch in gewisser Weise zu ereignislos, zu flach, einfach austauschbar. Professionell umgesetzt plätschern die meist in langsamem Mid Tempo angelegten Lieder vorbei. Da passt es auch ins Bild, dass die Industrieblende des Ende vieler Lieder bedeutet. Schön anzuhören, aber in gewisser Weise auch blutleer. Dies soll niemanden aber davon abhalten sich selbst sein Bild von "Reincarnations" zu machen, denn für das was stilistisch Millenium bieten, machen sie ihre Sache wirklich gut. Wer ein Faible für weichgezeichneten Soft Rock hat, wird sicherlich an diesem Album seine Freunde haben.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003