CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)

François Thollot - Contact
(45:42, Soleil Zeuhl, 2002)

Wenn man den Mittelpunkt zwischen Present und Magma (instrumental) festlegen will, trifft man mit Thollot ziemlich genau. Der stakkative Grundaufbau der Stücke, ausgefüllt mit variablem Schlagzeugspiel, wilden solistischen Paraden an Gitarre und Keyboard sowie schwerem, hart gespielten Bass im Paganotti-Tenor trifft ziemlich genau den Kern beider Band - Ambitionen. Und dennoch, na klar, ist die düstere Musik von Thollot etwas völlig anderes. Gerade hat der Komponist, Gitarrist und Pianist (nebenher spielt er noch einige andere Instrumente) sein zweites Album innerhalb eines Jahres veröffentlicht. Während er das erste Album im Alleingang einspielte, hat er für "Contact" mit Philippe Bussonnet (b, Magma, One Shot) und Daniel Jeandïheur (dr, p, synth, One Shot) professionelle Hilfe bekommen. Beide CDs sind auf Soleil Zeuhl veröffentlicht worden, das Magma-Umfeld ist somit gekennzeichnet. 10 kürzere Stücke, jazzbehaucht, rocktrunken und doch kammermusikalisch, konstruiert und kühl, brechen illuster aus dem starren Korsett der vorgegebenen Kompositionen. Zwar wiederholen sich stetig die melodischen Motive, ähnlich wie im minimalistischen Lager, wo die einzelnen Melodien leicht variiert über lange Zeiträume verschoben werden. Hier jedoch nicht mit dem steten Verändern der Melodien, sondern im solistischen und improvisativen Ausbauen und Brechen der Motive. Während der dynamische Zeuhl- oder Paganotti-Bass feste Linien fährt, um kurzzeitig abstrakt auszubrechen, agiert das Schlagzeug als solistisches Instrument neben der amelodisch gespielten, elektrischen Gitarre und das am ehesten jazzverseuchte Keyboard wie ein Berserker im Kriegsgetümmel mitten im Feind. Dabei entfaltet sich eine gewaltige Dynamik, die - Paganotti-Bass - die atonale Bombastmarke setzt. Vom Feinsten! Stets hält sich eine Düsternis, eine bleierne Schwere in den Songs, die keine beschwingten Gefühle aufkommen lässt. Hervorragender Avant Prog, gewiss von gewitzten Musikern eingespielt, die mit Schalk im Nacken an die grausigen Gefühle denken, die sie in ihren Hörern wecken. Dieser Leckerbissen sollte auf keinen Fall untergehen. Wer Present im letzten Jahr in Würzburg mochte, wird Francois Thollot lieben. Ein Muss!

Volkmar Mantei



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