CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)

Tantra - Terra
(65:51, Privatpressung, 2003)

Von der portugiesische Prog Szene ist nur recht wenig bekannt, was sicherlich angesichts deren bescheidenen Umfangs logisch erscheint, denn die dort aktiven Bands lassen sich fast an einer Hand aufzählen. Weiterhin sind sie außerhalb der Landesgrenzen nur in Insiderkreisen bekannt, in den letzten Jahren waren es lediglich Forgotten Suns, die auf Neo Prog Tradition fußend die Progressive Rock Fahne hochhielten. Den Insiderstatus Status genießen ebenfalls Tantra, auch wenn es ihre Veröffentlichungen in den 70ern sogar in unsere Plattenläden schafften. Seit den Wiederveröffentlichungen auf Musea, sind ihre damaligen Alben jetzt immerhin auf CD erhältlich. Ganz überraschend kam die Nachricht, dass sich die Band nach über 20-jähriger Schaffenspause wieder zusammengefunden hat. Sicherheitshalber nennt man sich ganz klein im Untertitel "Second generation", denn von der ehemaligen Besetzung ist nur noch Gitarrist / Sänger Manuel Cardoso mit von der Partie. "Terra" versucht nun da anzuknüpfen, wo man Mitte der 70er mit den ersten beiden Alben stehen geblieben ist. So fußt dieses Album vor allem auf bombastischem Sinfonic / Progressive Rock, der in manchen Ansätzen bis hin zu etwas geradlinigeren Neo Prog Strukturen reicht. Neben der sehr gefühlvoll gespielten Gitarrenarbeit von Manuel Cardoso, sorgt auch der zweite Stromgitarrist Bruno Silva für vermehrten Saitenüberhang, wozu ergänzend die Keyboards in allerlei angetagten Sounds ihre prächtiges, solistisches Scherflein beitragen dürfen. Gerade die weitausladenden, hochmelodischen Gitarrenjubelorgien erinnern doch manches mal an den Neo Prog der frühen 80er, wobei die Gratwanderung zwischen Schmalz und Euphorie meist gelungen gemeistert wird. Neben den überwiegend sinfonischen Einschlag, beherrschen auch moderate Rockelemente, sowie als Kontrast dem Album sichtlich gut tuende komplexeren Passagen den Sound von Tantra, wobei sich "Terra" allgemein meist auf die schönen Seiten der sinfonischen Musik schlagen. Etwas zwiespältig fallen die Gesangseinlagen von Bandleader Cardoso aus. Zwar gibt es nur sehr kurze Beiträge am Mikrofon von ihn, doch sein emotional leicht überschlagendes, zittrig wirkendes Organ kann sich nicht immer ganz der Songstruktur anpassen. So ist es vor allem den weitausladenden Instrumentalteilen vorbehalten, mit jeder Menge Nostalgie, aber durchaus eigenen Charme, für positive Stimmung und Atmosphäre zu sorgen. Gerade wer auf stimmungsvollen Sinfonic / Progressive Rock mit Gitarrenüberhang und angrenzendem Genesis / Camel Fahrwasser steht, wird hier wirklich bestens bedient. Insgesamt eine gelungene Zeitreise ohne Rücksicht auf aktuelle Strömungen, wobei diese sicherlich auch in keiner Weise angedacht war.

Kristian Selm



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