CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)

Cálix - A Roda
(50:55, Privatpressung, 2003)

Vor rund drei Jahren erschein von der Allgemeinheit relativ unbemerkt "Canções de Beurin", das Debüt der brasilianischen Formation Cálix. Kein überragendes, aber insgesamt doch recht schönes Album, voller gut erdachter Melodien und glücklicherweise genügend entfernt vom sinfonischen Schmalz vieler einheimischer Kollegen. Wie so viele Alben von unbekannten Bands aus vermeintlich "exotischeren" Ländern, ging das Album, wie so oft, leider zu Unrecht völlig unter. Mit "A Roda" liegt der Nachfolger vor, für den grob gesagt, genau das gleiche gilt: wiederum ein schönes, in sich stimmiges Album, zwischen Folk, Prog und poppigen Melodien, welches mit großer Wahrscheinlichkeit das gleiche Schicksal der ungerechtfertigten Nichtbeachtung wiederfährt. Wie sag ich's nun meinem Leser, damit er dieser Band eine Chance gibt? Was für Cálix spricht ist, dass sich aufgrund sofort nachvollziehbarer Strukturen und eingängiger Melodien, der Einstieg in die Musik des Quintetts aus Belo Horizonte recht einfach gestaltet. Nichts also für Frickelkönige, Technikfreaks oder Komplexitätsfanatiker. Doch weniger, kann eben manchmal auch mehr sein. Da wären zuerst die keineswegs platten, aber gleich im Gedächtnis bleibenden Gesangslinien, angereichert durch eine gelegentliche, mehrstimmigen Variante. Auch wenn Soli eher selten sind, gerät der vokale Überhang keineswegs zum Stolperstein, denn Renato Savassi gehört zu den stimmlich angenehmen Vertretern seiner Zunft. Bis auf "Looking back" sind die restlichen Titel in portugiesisch gesungen, wobei die weiche, für meine Ohren immer leicht verschlafen klingende Sprache, der melodischen Ausrichtung als weiteres Merkmal gut tut und sich harmonisch einfügt. Als weiteren Pluspunkt können die abwechslungsreichen Arrangements und die geschickt eingesetzte stilistische Vielfalt herhalten. Neben schmissigen und verträumten Folk Rock Nummer - gelegentlich mit ein paar Flötentöne verfeinert - stehen deutlich proggig orientierte Nummern mit deutlicher Ausrichtung hin zu sinfonischem Bombast. Selbst ein kleines Streichorchester wird aufgefahren, um im Stil von orientalischen Einsätzen, in der Tradition von Led Zeppelins "Kashmir" für ein weitere interessante Komponente zu sorgen. Zwar bewegen sich die 12 Titel zumeist im 3-4 Minuten Bereich, sind somit wenig ausladend angelegt, doch vermisst man hier keinesfalls etwas, da die inhaltlichen Elemente einfach stimmig und konzentriert zueinander passen. Sicherlich, an manchen Stellen könnte die Band ruhig etwas mehr aus sich herausgehen, etwas mehr Gas geben, erscheint für manchen das Songmaterial sicherlich zu harmlos. "A Roda" ist mitnichten banal, gerade auf dem selbst gewählten Zwischenweg ein einfach schönes, verträumtes Album, mit dem man auch außerhalb des reinen Progressive Rock Zirkels ein Publikum anspricht.

Kristian Selm



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