CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)

Procol Harum - The well's on fire
(59:03, Eagle Rock, 2003)

Wie lange ist das her? Gut, Gary Brooker, Procol Harumīs Mastermind, hat solistisch noch in den 80ern musiziert. Aber Procol Harum selbst? Das letzte Album "Something magic" war 1977 veröffentlicht worden. Und schon das war nichts mehr im Vergleich mit den großartigen Songs, die von der begnadeten Band zwischen 1967 ("Procol Harum") und 1971 ("Broken barricades") komponiert und eingespielt worden waren. Jetzt wird der Name Procol Harum reaktiviert. "The wellīs on fire" schließt sich jedoch musikalisch den 80ern an. Groovige Pop/Rock-Songs gibt es zu hören, mal etwas flotter und härter, mal etwas lyrischer und verspielter. Nie sind die Songs kompliziert oder anstrengend. Hin und wieder tun sich nette Erinnerungen an die große Zeit auf ("A robe of silk", "The emperors new clothes", "The signature" - eine Persiflage auf "A whiter shade of pale"), wenn Gary Brooker als Komponist Songs schreibt, die wie die 35 Jahre alten Hits klingen. Dazwischen gibt es jede Menge flotter, netter und freundlicher Rockstückchen, familienkompatibel mit mal melancholischer Sehnsucht, mal forschem Selbstbewusstsein. Ambitioniertestes Stück und hoffentlich werdender Hit ist der 8. Song "This world is rich (For Stephen Maboe)", der mit seinem Text und der stillen und vom Piano geführten Melodie tief unter die Haut geht. Gary Brooker hat nichts verlernt, noch hat er die Inspiration verloren. Mir hätte es mehr gefallen, wenn er sich weit in die eigene Vergangenheit begeben hätte, um mehr vom Flair der Sechziger einzufangen, statt den meisten Songs ein recht beliebiges Kleid der Achtziger zu geben. Aber letzteres erreicht vielleicht mehr Fans. Endgültiger Abschied oder Neustart? Als Neustart ist das Album mit wenigen Ausnahmen nicht mutig genug.

Volkmar Mantei



© Progressive Newsletter 2003