CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)

Julio Presas - Amaneciendo en la cruz del sur
(40:37, Viajero Inmovil, 1978)

Fast 25 Jahre schlummerten die Aufnahmen von Julio Presas in seinen Archiven. Zum Aufnahmezeitpunkt fand sich leider keine Plattenfirma, die bereit war, das Risiko einer Veröffentlichung zu übernehmen. Erst jetzt, kurz bevor die ursprünglichen Bänder fast dabei waren ihren Geist aufzugeben, konnten die Aufnahmen doch noch restauriert und gerettet werden, fanden sie endlich bei Viajero Inmovil eine geeignete Plattform für eine Veröffentlichung. Julio Presas war der Gitarrist der argentinischen Formation Materia Gris, die mit dem Album "Ohperra vida de Beto", die erste Rockoper Argentiniens aufnahmen. 1978 entstanden die Aufnahmen zu dem hier besprochenen Soloalbum, bei dem neben ihm, u.a. sein Bandkollege Carlos Cutaia an den Tasteninstrumenten und der ex-Alas Schlagzeuger Carlos Riganti mitwirkten. Alicia Presas sorgt mit einigen "lalalas" und "ahaha" bei einigen Titeln für den gesanglichen Beitrag, während der Meister selbst bei einem Titel etwas brüchiges Englisch vorträgt. Stilistisch bewegt sich Julia Presas im melodischen Sinfonic Rock, nicht ganz zu Unrecht führt die Plattenfirma als Vergleichsmomente zur groben Orientierung Camel und vor allem Mike Oldfield an. Die sich im 3-4 minütigen Bereich bewegenden Titel kommen ohne komplexe und verschachtelte Arrangements aus, die Ideen sind keineswegs episch ausgebreitet. "Amaneciendo en la cruz del sur" atmet in nostalgischer Verträumtheit den leicht verstaubten Geist der späten 70er. Doch vermisst man in der schönen Sanftheit auf Dauer etwas den Biss, die durchschlagenden, in Erinnerung haftenden Songlinien. Dafür setzt Presas vermehrt auf lyrische, verspielte Melodien und sachten Stimmungsaufbau, was dem Album ein harmonisches, wenn auch unauffälliges Gesamtbild beschert.

Kristian Selm



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