CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)

Periferia Del Mondo - Un milione di voci
(58:01, Akarma Records, 2002)

Bei der Besprechung "In ogni luogo, in ogni tempo", dem ersten, vor rund zwei Jahren erschienen Debüt von Periferia Del Mondo, hatte ich wohl irgendwie einen äußerst schlechten Tag erwischt. Während das Album bei anderen Kritikern ausschließlich gute bis sehr gute Kritiken einheimste, war meine Beurteilung nahe am Veriss. Zweites Album, zweite Chance und ich bin definitiv nicht schlecht drauf - gute Chancen also für eine objektivere, bessere Kritik. Um es gleich vorweg zu nehmen: "Un milione di voci" ist zweifelsohne ein tolles Album. Schon der Einstieg in "Un milione di voci" ist verheißungsvoll. Nach kurzem Elektronikgeblubber, legt die Band aus Rom gleich mit richtig fetzigem Italo Prog / Jazz Rock los. Das Saxophon dampft, Keyboards und Violine duellieren im Hintergrund. Und nach weniger als viel zu kurzen zwei Minuten ist es auch schon wieder vorbei. Doch nach gleichem Strickmuster geht es danach bei "Un borghese piccolo piccolo" in wesentlich ausufernden Kompositionen weiter. Gerade, dadurch dass Periferia Del Mondo zum sonstigen Instrumentarium noch Saxophon / Flöte, sowie Violine beisteuern, verleiht dies ihrer Musik die rechte Würze. Alessandro Papotto, der neben den reichhaltigen Blasinstrumentarium, auch noch gelegentlichen Gesang beisteuert, konnte bereits bei seiner Mitarbeit bei Banco (u.a. auf dem NEARfest 2001) seine Klasse beweisen, aber erst jetzt, bei seiner eigenen Band, läuft er zur Höchstform auf. A propos Banco. Als Special Guests wirken dieses mal von der selbigen Band Keyboarder Vittorio Nocenzi und weiterhin Violinist Mauro Pagani mit. Neben typischen Italo Prog in Landessprache mit vielschichtigen Emotionen und Gefühlsausbrüchen, sorgt eine deutliche Jazz Rock Note, Elemente aus Klassik, Folk Hard Rock und gefühlvoller Blues für ein Album purer südländischer Lebensfreude. Nichts wird hier übertrieben, sondern alles verschmilzt, zusammengetragen von sehr guten Musikern, zu einer homogenen, expressiven Einheit, in der aber auch keineswegs lyrische, sehr ruhige Momente fehlen. Um abschließend aber noch einen kleinen Kritikpunkt loszuwerden: auch bei Periferia Del Mondo zündet nicht jeder Gedanke sofort, nicht jede Melodie gräbt sich sofort ein, so dass einige Parts mehrere Durchläufe benötigen. Dies sind aber eher Randnotizen eines sehr guten, bisweilen hervorragenden Albums. So wie Periferia Del Mondo mit tiefgreifenden Stimmungstiefe, mit der Balance aus Traurigkeit und südländischem Temperament kunstvoll spielen, können dies wohl nur italienische Bands. Viva Italia!

Kristian Selm



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