CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)
Olive Mess - Gramercy
(63:21, Soleil Zeuhl, 2002)
Olive Mess aus Lettland besteht aus Ilze Paegle (soprano), Lilia Voronova (key), Denis Arsenin (b), Edgar Kempish (dr, perc), Alexey Syomin (g), Sergey Syomin (archlute, baroque g) und Vilnis Kundrats (ts). Ihre über 1stündige CD besteht gerade mal aus 5 Songs, die alles andere als gewöhnlich sind. Bedeutendstes Instrument ist die Archlute (nicht Arschlaute!, nein), die sich quasi in allen Songs stets deutlich macht. Der Klang der Archlute bringt mittelalterliches Flair mit sich, zwar haben die Songs auch deutlich moderneren Charakter, doch klassische, vor allem mittelalterliche Einflüsse lassen sich keineswegs leugnen. Gleichfalls stark im Vordergrund ist die klassisch ausgebildete Stimme von Ilze Paegle, die im ersten Song auch schon mal wie in der Oper tremoliert. Beim ersten Hören muss man sich darüber hinweg kämpfen, beim nächsten Mal wird es schon charmanter. In einigen Teilen der hin und wieder komplex ausbrechenden Instrumentalteile bringt sich die Rockband verstärkt in den Vordergrund. Plötzlich klingt die Gitarre in Frippscher Manier und die ganze Band nähert sich Univers Zero an. Diese Vergleiche sind aber nur phasenweise zutreffend. Zumeist übt sich die Band in etwas starrem, kammermusikalisch gefärbtem Rock, der zwar ansprechend, aber nicht besonders komplex arrangiert ist. Die Jungs und Mädels haben einen ordentlichen Schuss Jazz weg, den sie in ihren moderaten Skulpturen auf gemächlichem Rhythmus schön verteilen. Irgendwie scheinen sie jedoch nie so recht zum Ende kommen zu können, gerade "Stefan, the Shepherd Boy" mit seinen über 21 Minuten würde ein straffender chirurgischer Eingriff gut stehen. Die Archlute, sehr verspielt und lyrisch die meiste Zeit, kann die Nerven rauben. Was Blackmoreïs Night für den Mainstream, sind Olive Mess für die Avantgardisten. Anspruchsvoll und trotz der schwerfüßigen Melodik virtuos eingespielt, wird sich wohl nur ein begrenzter Kreis an Musikenthusiasten finden, der diesen Klängen erliegt. Missen möchte ich das Album jetzt auf keinen Fall mehr.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2003