CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)
Nil - Quarante jours sur le Sinaï
(65:03, Privatpressung, 2003)
"Quarante jours sur le Sinai" beschäftigt sich inhaltlich mit der Geschichte von Pschent, einem ägyptischen Harfenspieler, was wiederum musikalisch den Mitgliedern von Nil laut Presseinfo ermöglichte, tiefer in unkonventionelle Musik einzutauchen. Ein Konzeptalbum also, bei dem Stimmen, Cello, Harfe und Saxophon den musikalischen Weg vorgeben, jedoch abgesehen vom gelegentlichen französisch-sprachigen Gesang, nur eine sehr, sehr untergeordnete instrumentale Rolle einnehmen, da vielmehr Keyboards, Gitarre, Bass und Schlagzeug den Sound bestimmen. Als Grundlage steckt in der Musik von Nil jede Menge Progressive Rock Gedankengut, sei es nun gesampelter, kurzfristiger Mellotron Bombast, verspielte Gitarrenlinien oder allein der inhaltliche Aufbau. Ebenfalls finden sich Elemente aus moderne, zeitgenössischer Musik wieder, wie dies z.B. Bands wie Univers Zero oder Isildurs Bane interpretieren. Es fällt wirklich schwer hier eine der beliebten Schubladen zu ziehen, den Nil passen nicht so recht in die allgemeinen Kategorien hinein. Zum Inhalt: der Anblick von 29 Titel auf dem Display des CD Players lässt einen zuerst etwas verwundern, doch sind diese Einzeltitel vielmehr im allgemeinen Fluss fast übergangslos miteinander verbunden. Die Aufteilung macht dennoch durchaus Sinn, da man inhaltlich sicherlich von Songs und nicht nur Fragmenten eines großen Werkes sprechen kann. Und "Quarante jours sur le Sinai" kann man ohne Bescheidenheit als Werk titulieren. Der französischen Band, die sich bereits auf den Vorgängeralben z.B. an einer Adaption von Claude Debussy gewagt hatte, gelingt es vor allem eine bedrohlich-düstere Stimmung zu erschaffen. Auf den ersten Blick nicht unbedingt zugänglich das Ganze, doch bei weitem nicht zu sperrig oder verkopft. Die Ambitionen der Band sind klar erkennbar, doch nicht immer sofort nochvollziehbar. So bleibt als Kritikpunkt festzuhalten, dass "Quarante jours le Sinai" keine Liebe auf den ersten Blick ist, besser gesagt, die sehr gut durchdachten Ideen erschließen sich für den Zuhörer nicht unbedingt sofort in voller Prägnanz offenbaren. Im Kontrast dazu, ist es natürlich sehr interessant tiefer in dieses Konzeptalbum einzutauchen. Neben komplexen Progressive Rock, sorgen ätherische Passagen oder Soundscapes für Ruhe und Atmosphäre, wobei es Nil prächtig gelingt inhaltlich zwischen den Genres zu wechseln. Selbst einige leicht neo-progressive Versatzstücke fassen sich harmonisch neben crimsonesker Sprunghaftigkeit ein. Man merkt hier deutlich, dass mehr hinter dem Konzept, der Musik steckt. Ein atmosphärisches Album für Entdecker.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003