CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)
Musique Noise - Fulmines integralis
(73:15, Musea, 1988/93)
Neben Neuveröffentlichungen war es schon immer eines der Hauptanliegen des französischen Labels Musea, mehr oder minder bekannte Bands und Aufnahmen aus der Vergangenheit vom Staub der Zeit zu befreien und digital aufbereitet, der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Die 1986 gegründeten Musique Noise sind wieder mal so ein Fall und dazu noch ein absolut lohnens- und hörenswerter. In der Bandgeschichte der Franzosen tauchen immer wieder Musiker von Eskaton auf, einer vor allem in der zweiten Hälfte der 70er aktiven Band aus dem Magma Umfeld. Genau in deren musikalischen Umfeld bewegen sich ebenfalls Musique Noise. Ihre Mischung aus treibenden Zeuhl-Elementen, die typischen Stakkato-artigen, mehrstimmigen Gesänge (meist lautmalerisch eingesetzt, aber auch mit Wortfetzen in französisch und deutsch durchsetzt), vorangetrieben von in sich steigernden Strukturen, sind die deutlichsten Merkmale der Musique Noise eigenen Interpretation dieses Stils. Jede Menge Jazz Rock findet man hier als zweites Merkmal, wobei die Magma Inspiration der offensichtlichste Einfluss ist. Dazu kommt eine ganz eigene Note. Musique Noise arbeiten statt nur mit E-Piano, vermehrt mit Synthesizer, gelegentliche Saxophoneinsätze setzen eine jazzige Fußnote. Zudem kommen bei Musique Noise nicht ganz so extreme repetitiven Wiederholungen, langsam aufbauenden Steigerungen zum Einsatz. Ihre Einfälle sind wesentlich konzentrierter zusammengestutzt, so dass sich ihre Lieder meist im Rahmen zwischen 7 und 9 Minuten bewegen. Leider wurden auf dieser CD Aufnahmen aus verschiedenen Phasen zusammengepackt, was für leichte inhaltliche und auch klanglich hörbare Brüche sorgt. Ist das Material von 1988, welches von der ebenfalls bei Musea veröffentlichten LP "Fulimines regularis" stammt, so etwas wie Magma "Light", scheint das Bonusmaterial von 1993 mehr von der jazzigen Muse geküsst, das Saxophon nimmt eine deutlich wichtigere Rolle ein. So geht insgesamt der Eindruck eines einheitlichen Klangerlebnisses verloren, dafür erhält man den gesammelten Nachlass auf einem Tonträger. "Fulmines intergralis" wird dennoch zweifelsohne zu einem weiteren, stark schimmernden Mosaiksteinchen für das immer größer werdende Zeuhl-Gemälde.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003