CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)
Colin Bass - In the meantime
(46:40, Kartini Music, 2003)
Mag es an der momentanen weltpolitischen Stimmung liegen? Hat Colin Bass die Mid-Life-Crisis? Oder ist der in Berlin lebende Brite einfach traurig, dass Camel auf ihre letzte Tour gehen werden? Schon vom Cover lugt in schwarz-weiß ein nachdenklicher Colin Bass unterm Regenschirm hervor Und genau diese nachdenkliche, melancholische Stimmung spiegelt sich auch inhaltlich auf "In the meantime", dem zweiten Soloalbum des Camel Bassisten wieder. Man braucht sich nur die Songtitel wie "So hard to say goodbye", "As we say goodbye" und "When will you ever learn?" anzuschauen, dann weiß man, was die Stunde geschlagen hat. Nur selten kommt fröhliche, leichtfüßige Stimmung, wie im beschwingten Opener "Dissident song" auf, ansonsten schwankt dieses Album zwischen sparsam arrangierten Folknummern und wunderbar traurigen Sinfonic Rock, der fast ständig richtig kräftig den Blues hat. Doch trotz der ganzen Nachdenklich- und Traurigkeit, ist dem multikulturellen Weltenbummler wieder eine wunderbare Song-Sammlung gelungen. Die mehr folkige Seite präsentierte er ja bereits auf der 2000er Unplugged Tour durch Polen, festgehalten auf dem Akustikalbum "Live Vol.2 Acoustic songs", nun gibt es auf ähnlicher Weise wieder einige aufs Wesentliche konzentrierte Stücke. Doch trotz der guten Texte, schrammelt er musikalisch hier manchmal ziemlich nahe an verklärter Lagerfeuerromantik vorbei, auch wenn Colin Bass ein gutes Gespür für schöne Melodien besitzt (wie z.B. "Talk to me"). "In the meantime" wird immer dann besonders interessant, wenn die ausgezeichneten Begleitmusiker (u.a. einige Musiker von Quidam) Raum für instrumentale Ausschmückungen bekommen. So sind die beiden fast 9 Minuten langen "So hard to say goodbye" und das im Schlussteil sich steigernde "When will you ever learn?" die meist ruhigen, aber deutlich markanten Fixpunkte dieses Albums. Auch wenn Bandkollege Andy Latimer dieses mal nicht zur Verfügung stand, so erinnern doch gerade in diesen beiden Longsongs einige Passagen verdächtig an Camel. Dennoch bewahrt Colin Bass seine eigene Note, die hier und da auf swingende Rockelemente und vor allem eine sehr relaxte Atmosphäre, dominiert von seiner ruhigen, sympathischen Stimme, setzt. "In the meantime" wirkt im Gesamteindruck unaufgeregt, keineswegs spektakulär oder überladen, aber gerade dadurch auch aufgeräumt und mit sich im Einklang. Eine dreiviertel Stunde entspannte Musik, die trotz ihrer Traurigkeit Hoffnung macht.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003