CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)

Kansas - Device-Voice-Drum
(67:46+ 32:01, SPV, 2003)

Mit "Device-Voice-Drum" legt das aktuelle Kansas Line-Up (leider ohne Kerry Livgren) nach "One for show" (1978) und "Live at the Whisky" (1993) das inzwischen dritte offizielle Livealbum in ihrer langen Karriere vor. Mitgeschnitten am 15.Juni letzten Jahres in Atlanta vor einer Schar erlesener Hardcore Fans, steckt noch viel mehr hinter dieser hörbar energiegeladenen Veröffentlichung, als nur eine weiteres Livealbum. Das Konzert wurde für die gleichnamige DVD mitgeschnitten, zudem packte die Band für diesen speziellen Anlass einige Titel aus, die es schon lange oder zumindest mit dieser Besetzung, noch nicht zu hören gab. So macht die Anschaffung von "Device-Voice-Drum" durchaus Sinn. Natürlich gibt es wie immer die üblichen Smashhits "Point of know return", "Carry on wayward son", "The wall", "Song for America" und natürlich das unverwüstliche, im Stil von "Always never the same" Album, neu arrangierte "Dust in the wind". Mit "Icarus II" - welches wie auf der letzten Tour übergangslos in "Icarus" übergeht - wurde immerhin ein Lied vom letzten Studio Output "Somewhere to elsewhere" dazugepackt. Dabei spulen Kansas die Standardnummern nicht einfach als notwendige Last im Stil einer Alt-Herren-Band runter, sondern man merkt ihnen an, welchen Spaß sie immer noch beim Spielen dieser Nummern haben, die hier und da ein paar neue Schlenker und Ausschmückungen erfahren. Die Band wirkt agil wie eh und je, auch wenn man der Stimme von Steve Walsh kleinere Abnützungserscheinungen anhört. So hat er inzwischen sein Organ jedoch um einiges besser im Griff, als noch vor einigen Jahren, als sie ihm regelrecht absoff. In den Soloteilen ufern die Zwiegespräche zwischen Violine, Gitarre und Keyboards immer wieder zu spannenden Eskapaden aus, die Spielfreude und vor allem die Power der Band wurde bestens auf Konserve eingefangen. Die wirklichen Überraschungen verbergen sich aber in der eher nicht zu erwartenden Songauswahl. Neben einigen Titeln aus den 70ern, die bisher noch auf keinem Livealbum vertreten waren (das viel zu selten gespielte "Belexes" vom Debüt, "Child of innocence" von "Masque", sowie "Cheyenne Anthem" von "Leftoverture"), gibt es mit "Fight fire with fire" und "Play the game tonight" zwei der wohl besten Titel aus der Zeit mit John Elefante, denen dieses mal Steve Walsh nicht nur seine Stimme, sondern auch seine Seele leiht. Als besonderen Gimmick dazu ebenfalls ein Wiederhören mit einem Song aus der Steve Morse Phase. Das geradlinig-rockige "The preacher" vom 88er Album "In the spirit of things" wurde durch einen 60-köpfigen Chor des Atlanta's New Advent Choir ergänzt. Der Gospel Touch sorgt damit für eine ganz besondere Note und neue Dimension. Einziger Kritikpunkt: die zweite CD hätte ruhig etwas länger sein können, aber da beide CDs somit der Länge eines "normalen" Kansas Konzertes entsprechen, sollte hier nicht über die Masse gemeckert werden. So lange Kansas so lebhaft und frisch wie auf "Device-Voice-Drum" agieren, sind sie auch nach fast 30-jähriger Karriere immer noch live eine absolute Macht. Hoffentlich findet sich nochmals die Möglichkeit, die Band, wie zuletzt 2001, in unseren Breiten zu erleben. Währenddessen kann man sich mit diesem gelungenen Doppelalbum bzw. der DVD trösten.

Kristian Selm



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