CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)
Lift - The moment of hearing
(73:02, Syn-Phonic, 2002)
Vor rund 12 Jahren war die CD Veröffentlichung des 1974 aufgenommenen Lift Albums "Caverns of your brain" eine der ersten Taten, mit denen das amerikanische Progressive Rock Label Syn-Phonic auf sich aufmerksam machte und in dessen Folge weitere interessante Reissues z.B. von Yezda Urfa, Cathedral oder Mirthrandir, wie auch neue Bands, z.B. Spock's Beard's Debüt "The light" folgten. Jetzt gibt es die gesammelten Aufnahmen von Lift aus den Jahren 1972-1979 - unterteilt in die New Orleans (1972-75) bzw. Atlanta Phase (1976-1979) - auf einer CD, wobei "The moment of hearing" sinnigerweise nochmals das komplette Album "Caverns of your brain", wenn auch soundtechnisch leicht aufgepeppt, enthält. "Caverns of your brain" wurde 1977 lediglich als Bootleg LP in geringer Auflage gepresst und gehört(e) in den USA zu einer der meistgesuchtesten Aufnahmen aus den 70ern. LP Raritäten sind ja nicht unbedingt immer mit Qualität gleichzusetzen, denn so manch heiß gesuchtes Teil verbreitet nicht unbedingt großartiges Hörvergnügen, sondern besticht allein durch seine Exklusivität. Bei Lift sieht dies jedoch glücklicherweise ganz anders aus. "Caverns of your brain" gehört jetzt zwar nicht zu den unbedingten US Meisterwerken der 70er, bietet aber wirklich ausgezeichneten Sinfonic / Progressive Rock, dem deswegen nicht zu Unrecht eine gewisse Affinität zu den frühen Yes zugeschrieben wurde. Röchelndes Mellotron, flirrende Gitarre, pumpender Rickenbacker Bass, verpackt in schwungvolles Tempo zwischen Leidenschaft und lebendiger Spielfreude. Gerade mal drei Longsongs mit wirklichem Gehalt heben die Musik der Amerikaner auf äußerst ansprechendes 70's Niveau. Vor allem, wenn man bedenkt, dass zum Aufnahmezeitpunkt das Durchschnittsalter der Musiker gerade mal 19 Jahre betrug und es sich dabei um die ersten Aufnahmen der Band handelte! Deswegen beide Daumen nach oben für "Caverns of your brain". Doch gibt es auf dieser CD, wie schon erwähnt, noch die restliche Aufarbeitung der Lift Geschichte und die sieht sowohl musikalisch, als auch qualitativ etwas anders aus. Vom Original Line-Up sind lediglich Chip Grevemberg (Keyboards), Richard Huxen (Gitarre) und Chip Gremillion (Schlagzeug) übriggeblieben. Ein zweiter Gitarrist, ein neuer Bassist und eine Sängerin vervollständigen die zweite Ausgabe von Lift. Besonders Laura Pate sorgt für eine gesangliche Neuorientierung, führt die Band mit ihrer hohen, etwas an Annie Haslam erinnernden Stimme, in leichtes Renaissance Fahrwasser. Stilistisch bevorzugt man einen elegischeren, majestätischeren Gesamtsound, die Keyboards gewinnen trotz zweier Gitarristen mehr an Bedeutung, die Komplexität ist einfacherem Songaufbau gewichen. Im Gesamteindruck fallen diese Aufnahmen trotz Originalität und inhaltlicher Qualität jedoch gegenüber den ersten drei Titeln ab, was nicht nur an der etwas schlechteren Aufnahmequalität liegt. Irgendwie fehlt der zwingende Moment, die funkelnde Fantasie, auch wenn man zweifellos immer noch gutes spät 70er Progressive Rock Niveau geboten bekommt. Hingegen ist die sehr steril wirkende MIDI Ergänzung der 76er Komposition "Wind psalm" weniger geglückt und erreicht bestenfalls Demo Niveau. Da "Caverns of your brain" als Einzel CD inzwischen nicht mehr erhältlich zu sein scheint, ist somit die Empfehlung für den Kauf von "The moment of hearing" mit gemischten Gefühlen verbunden.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002