CD Kritik Progressive Newsletter Nr.40 (06/2002)
Curlew - Meet the Curlews!
(60:16, Cuneiform, 2002)
Wenn man die Knitting Factory beschreiben will, kann man ganz einfach Curlew sagen. Der Alternative Jazz klingt nur in New York so. Vielleicht ist es die Vertonung des Lebensgefühls, gewiss persönliche Eindrücke, auf jeden Fall das immerwährende Hinterfragen der Stadt. Curlew haben mit Fred Frith, Tom Cora (R.I.P.), Bill Laswell und Wayne Horvitz gearbeitet, Bandleader George Cartwright hat Solo-Alben eingespielt. Die Wurzeln des Quintetts reichen zurück bis in den No Wave, in den Neuanfang des Jazz nach Punk, Pop und Rock. Davey Williams elektrische Gitarre scheint bisweilen am Rand der Orientierungslosigkeit zu mäandern, während George Cartwright seinem Saxophon dreckig-schnelle oder elegisch-epische Töne entführt; die beiden bestimmenden Instrumente lassen die Band gar in den freitonalen Jazz wandern, von Bruce Goldenīs Schlagzeug verunsichert, Chris Parkerīs Piano illustriert und Fred Chalenor zerstreut. Jedoch die lässig-elegante und doch schnoddrig-aggressive Ader der Band viel häufiger in strukturierte Gefilde geht, in denen sie ihre herb-grellen Töne melancholisch über den Asphalt schleift, ihre herzlichen Attacken frisch und mit wachen Augen in den Magen schiebt und recht unprätentiöse, zuweilen wilde Ausbrüche kaltschnäuzig bevorzugt. Spät doch, in Song Nummer 10, dem Teil II von "Late December", entwirft am Piano das Motiv eine gar brillante Idee, die schon im ersten Teil so episch in den Gefühlen wilderte. New York frisst sich fest.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2002