CD Kritik Progressive Newsletter Nr.39 (03/2002)
Therion - Secret of the runes
(57:28, Nuclear Blast, 2001)
Seit dem 96er Werk "Theli" haben Therion eine gar merkwürdige Veränderung in ihrem metallischen Stil vorgenommen. Erst wurde das instrumentale Geknüppel zurückgefahren, dann waren es nur teilweise eingesetzter klassische Singstimmen im Chor als ganz neuartiger Vokalpart, inzwischen haben die Stimmlagen Sopran, Alt, Tenor und ähnliches von diversen Gastmusikern die fast komplette gesangstechnische Dominanz bei den Schweden übernommen. Genauso kamen immer mehr klassische Streich- und Blasinstrumente erst als Ergänzung, inzwischen als fast schon elementarer Bestandteil des typischen Therion Sounds, hinzu. Auch wenn klassischer Metal gepaart mit herzhaftem Schmettergesang aus der E-Musik manchmal für unfreiwilliges Schmunzeln beim Anhören sorgt, so hat es doch Therion Mastermind Christofer Johnsson inzwischen geschafft, seinen ganz eigenen Stil immer mehr zu perfektionieren. Und ganz subjektiv Meinung bildend, gebe ich gerne zu, dass es mir Therion wirklich angetan hat, da die harmonische Symbiose aus zwei anscheinend gänzlich gegensätzlichen Musikarten immer wieder ihren wirklich ganz eigenen Reiz besitzt. "Secret of the runes" bezieht sich als Konzeptwerk auf die nordische Sagenwelt und führt den Hörer auf seiner Reise mit Göttern, Elfen und Zwergen nach "Midgård", "Asgård" oder "Schwarzalbenheim". Interessanterweise sind die Gesangsteile abwechselnd in englisch, schwedisch und bei einem Titel sogar in deutsch gehalten. Besonders die Titel mit schwedischem Gesang unterstützen perfekt die Mystik, die dunkle Dramatik der jeweiligen Songs. Musikalisch gibt es vor allem richtig wunderbaren schnörkellosen Metal aus einer Zeit als Begriffe wie Nu Metal oder Crossover noch ferne Taten der Zukunft waren. So heulen die Gitarren, wird manch flinkes, aber nicht überladenes Soli auf dem Griffbrett zelebriert, der Rhythmus dampft und stapft meist schwer durch den nordischen Winter. Immer wiederkehrende klassische Arrangements mit den jeweilig dazu passendem Instrumentarium verlieht der Musik noch mehr Wucht und Bombast. Sicherlich verpufft der Überraschungseffekt der Therion'schen Klangwelt nach einer gewissen Zeit, hat man sich an der selbsterdachten Verquickung von Stimme und Instrumenten gewöhnt, doch die dunkle Stimmung, die eindringlichen Chorgesänge sorgen immer wieder für ein Aufhorchen. Als Bonusmaterial bekommt man nach dem 11 Song umschließenden "Secret of the runes" Zyklus u.a. eine metallische Version des Abba(!) Klassikers "Summernight city" geboten. Zwar auch ganz originell, aber da hat das eigene Material irgendwo doch mehr Griffigkeit. Mal sehen, in welche Sagenwelten uns Therion beim nächsten mal entführen werden.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002