CD Kritik Progressive Newsletter Nr.39 (03/2002)
High Wheel - Back from the void
(64:30, Ipso Facto Music, 2002)
Recht lange war es ruhig um High Wheel, die vor rund sechs Jahren mit "There" ein äußerst ambitioniertes Konzeptwerk vorgelegt hatten, welches überall zu Recht sehr positive Kritiken einheimste. "Back from the void" ist nun im wahrsten Sinne die "Rückkehr aus der Versenkung", welches die vier Bayern nach der veröffentlichungstechnischen Pause wieder mit ihrer ganz eigenen Musik füllen. Und um es gleich vorweg zu nehmen, "Back from the void" ist kein einfaches Album, kein leichter Imbiss für den Hunger zwischendurch, sondern ein komplexes Werk, dass Konzentration und genaues Hinhören verlangt, dem Hörer aber jede Menge wieder zurückgibt und mit jedem Durchgang an Stärke und Ausstrahlung dazugewinnt. Die insgesamt sechs Titel teilen sich von der Spielzeit her in vier kürzere, sowie zwei Longsongs auf, wobei das in zehn Untertitel aufgeteilte, knapp 32 Minuten lange "Blind archer" alleine schon die Hälfte des Albums einnimmt. Bereits der Opener, das recht quirlige, auf den ersten Eindruck nervös und sperrig wirkende "Try an error", macht den Einstieg in das Album nicht gerade leicht und kann so manch zartbesaitenden Hörer verschrecken. High Wheel setzen hier ihren typischen, mehrstimmigen Harmoniegesang in Verbindung mit sprunghaften Rhythmen und 70s Prog Reminiszenzen ein. Stilistisch erinnert das Ganze etwas an Gentle Giant, ein Stilmerkmal, welches es bereits immer wieder auch auf den Vorgängeralben zu hören gab. Beim über zwölfminütigen "The screamer" weicht dann die Hektik, zuerst einmal sanfter Melodik mit weichen Klanglandschaften und behutsam eingesetzter Akustikgitarre. Doch die Ruhe wahrt nicht lange, leicht heavy und sprunghaft geht es in den nächsten Part, Gitarre und Keyboards setzten Akzente, um letztendlich in einem wahrhaft bombastischen, kraftvoll melodischen Schlussteil zu münden. Gerade das wechselhafte Nebeneinander, von inhaltlicher "Schwere" auf der einen und melodischer "Leichte" auf der anderen Seite, zieht sich als interessanter roter Faden durch das ganze Album, wobei über dem Gesamten eine leicht düstere Grundstimmung liegt. "Sleepless" entfaltet sich nach akustischem Beginn, zu einer treibenden Nummer, die ebenfalls wiederum in leicht yes-igen Schlusspart gipfelt. War bei mir auch der Song, der schon beim ersten Anhören nachhaltig im Gedächtnis hängen blieb. "Void" geht mehr in die metallische, härtere Richtung, verweist damit in Ansätzen auf die Heavy Vergangenheit von Hauptkomponist, Gitarrist und Sänger Wolfgang Hierl. Bei diesem Stück wird auch deutlich, wo die Stärke von High Wheel liegt. Es geht nicht um das offensichtliche technische "Nach-Vorne-Spielen", sondern vielmehr steht die Atmosphäre, die Stimmung, das Gefühl eines Songs im Vordergrund. Das sehr klassische, rein akustische "Dark" mit schönen Flötenparts setzt wiederum einen stilistischen, musikalisch inhaltlich anderen Gegenpart. All das Zuvorgehörte, zu einer großen "Suite" verwoben, bietet dann das, das Album abschließende "Blind archer" mit seinen verschiedenen Untertiteln. Eine vielleicht etwas zu subjektiv positiv geprägte Sichtweise dieses Album sei mir verziehen, aber für mich gehört "Back from the void" definitiv zu den ersten Highlights des noch jungen Jahres. Ein trotz seiner stilistischen Vielfalt, sehr stimmiges und kompaktes Album, dass auch nach vielfachem Anhören nichts von seiner Substanz einbüsst.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002