CD Kritik Progressive Newsletter Nr.38 (01/2002)
Neurosis - A sun that never sets
(68:27, Relapse Records, 2001)
Achtung, diese Platte ist nix für schwache Nerven und könnte den einen oder anderen Hörer auch ordentlich verschrecken....so wie mich anfänglich auch. Neurosis sind anstrengend, verdammt anstrengend. Und mit Prog im eigentlichen Sinne haben sie auch nicht viel zu tun. Wir haben es hier mit der vertonten Apokalypse zu tun. Neurosis sind eine alles vernichtende Dampfwalze, die den Hörer mit auf Reise in den Weltuntergang nimmt. Ein wütender Bastard, der klingt als ob Sigur Rós auf einmal nicht nur ziemlich melancholische, sondern auch noch stinksaure Typen sind. In den ausufernden, sehr atmosphärischen Songs wechseln sich brutale Krachparts, mit zerbrechlichen, teils wunderschönen sanften Einsprengseln ab und schaffen eine tolle Dynamik. Am Gesang werden sich die Geister scheiden. Sehr monoton ist der Gesang von Steve von Till und mit einer famosen Stimme ist er auch nicht gerade gesegnet. Dennoch passen die Vocals sehr gut zu den Songs und wirken, zumindest auf mich nicht störend. Man braucht dennoch einige Durchläufe bis sich die Songs festsetzen und man nicht mehr nach zwei-drei Songs entnervt die CD wieder zurück ins Regal stellt. Sofern man aber Zugang zu dieser Art der Musik findet, entdeckt man schnell, das hier eigentlich alles richtig klasse zusammenpasst und dann sitzt man wild zuckend vor der Anlage und ist begeistert. Zumal die vielen ruhigen Parts auch dazu beitragen, das der Krach niemals überhand nimmt oder lästig wird. Wer sich also eine noisige, komplexe und fiese Version von Sigur Rós vorstellen kann, sollte der Platte im Laden mal eine Chance geben. Sollte eigentlich in jedem halbwegs sortierten Laden zu finden sein.
Sven Schmidt
© Progressive Newsletter 2002