CD Kritik Progressive Newsletter Nr.38 (01/2002)

Karda Estra - Eve
(42:37, Cyclops, 2001)

Und die nächste Überraschung aus dem Hause Cyclops. Hinter dem Namen Karda Estra steckt der Komponist und Multiinstrumentalist Richard Wileman, der auf dem dritten Album seines Projektes Klassik und Progressive Rock mit modernen und orchestralen Instrumenten verbindet. Seine Inspiration zieht Wileman dabei aus der Novelle "The future Eve", die 1886 von Villiers de L'Isle Adam geschrieben wurde. Inhaltlich geht es dabei um den weltbekannten Erfinder Professor 'X', welcher ein perfektes Wesen für seinen Freund Lord Ewald erschafft, wobei die Problematik der Novelle sehr an die allseits bekannte Geschichte von Dr.Frankenstein und seine Kreation erinnert. Und so klingt die Musik auf "Eve" sehr nach einem Soundtrack, verbindet dabei ruhige, getragene, klassische Elemente mit Hinweisen aus Horrorfilmen, greift dabei aber auch auf die orchestrale Seite des Progressive Rocks zurück. Violine und Oboe bestimmen vor allem das Soundbild. Dass er mit der Verbindung von unterschwelligem Horror und dieser Art von Musik nicht alleine ist, beweist die Tatsache, dass der aus den 70er Jahre stammende Horror Klassiker "Der Exorzist" gerade aufgrund der Musik von "Tubular bells" von Mike Oldfield, seine dramatische Spannung aufbaut. Neben den sehr prägnanten klassischen, äußerst feingliedrigen und subtil eingesetzten Klassikelementen, die dem Album einen sehr schwebenden, leicht düsteren Charakter verleihen, kommt das Rockinstrumentarium nur selten, und wenn dann nur äußerst sparsam eingesetzt zum Zuge. Nur in manchen Momenten erklingt die Gitarre, setzen die Keyboards Akzente, fühlt man sich besonders an Mike Oldfield, in den ätherischen Phasen an Yes erinnert, wobei natürlich auch ganz entfernt der Horror Prog von Devil Doll durchscheint. Ein besonderes und sehr prägnantes Merkmal dieses Albums sind die schwebenden Gesänge von Ileesha Bailey, die rein lautmalerisch, dem Album damit eine Verbindung aus dem Dies- und Jenseits erteilt. Eine sehr ruhige Scheibe, mehr zum genauen Zu- und Hinhören geeignet und zufälligerweise auch noch bestens passend zur derzeit trüben und tristen Jahreszeit.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2002