CD Kritik Progressive Newsletter Nr.38 (01/2002)
Japancakes - The sleepy strange
(49:31, Kindercore, 2001)
Da hält man nun eine CD in den Händen, die einem weder inhaltlich besonders viele Informationen gibt, noch kann man mit dem Namen der Band, des Labels, geschweige denn der Musiker irgend etwas Brauchbares anfangen. Wie gut, dass es das Internet gibt, denn schon nach wenigen Augenblicken spuckt einem die allseits beliebte Suchmaschine www.google.de massig Internetseiten mit Infos bzw. Rezensionen über dieses Album aus. Die Kommentare sind teils widersprüchlich, manche recht positiv, einige sehr vernichtend, aber irgendwie klingen sie doch interessant, machen Lust darauf sich "The sleepy strange" von Japancakes anzuhören. Zuerst einmal zu den Mitgliedern, der 1997 in Athens, Georgia gegründeten Band (ein Provinznest aus dem übrigens auch R.E.M. stammen), die aus Eric Berg (Gitarre), Nick Bielli (Bass), Tod Kelly (Keyboards), Heather McInstosh (Cello), John Neff (Pedal Steel Guitar) und Brant Rackley (Schlagzeug) besteht. Besonders auffällig in der Besetzung sind die Einbindung von Pedal Steel Guitar und Cello, die beide wesentliche Bestandteile des Sounds von Japancakes sind. Etwas eigenartig mutet auch die Arbeitsweise von Japancakes an, die angeblich keinerlei Proben zusammen absolvieren und bei ihren Liveauftritten auch mal 45 Minuten nur den D-Akkord spielen können. Sehr abenteuerlich auch die stilistische Umschreibung, die von einem Kritiker als eine Mischung aus Krautrock im Stil von Can und Neu! zusammen mit Ambient Electronic Richtung Tortoise und Air bezeichnet wurde. Bandleader Eric Band macht sich da etwas einfacher: "Ich habe keine Ahnung, was für eine Art von Musik wir spielen. Sie besteht aus Wiederholungen, die eine Menge Leute einfach nur langweilen. Aber für mich ist es sehr beruhigend Dinge mehrfach zu hören, es ist das, was ich mag". Nach dem mehrfachen Durchhören des rein instrumentalen, aus sieben längeren Stücken bestehenden "The sleepy strange", kann ich jetzt beide Aussagen verstehen. Die Musik der Amerikaner ist sehr ruhig, entspannt und hangelt sich an minimalistischen, atmosphärischen Weiterentwicklungen entlang, stetige Wiederholungen treiben die Lieder voran. Klar, dass dies für viele todeslangweilig ist, weswegen ein anderer Kritiker recht zynisch meinte: "Japancakes machen ihrem Name alle Ehre: zugänglich wie Japan und flach wie ein Pfannkuchen!". Lässt man sich jedoch von den hypnotischen Stimmung, den verträumten, einfach gehaltenen Melodien tragen, so hat diese Musik unzweifelhaft eine äußerst eindringliche Wirkung. Hauptsächlich arbeiten sich die Pedal Steel Guitar und das Cello als melodieführende Instrumente in den Vordergrund, was dem Album ein recht starken Country Einschlag gibt. Doch genauso fließen synthetische Sounds im Synthie- und Mellotrongewand durch den Äther. Und da man als Kritiker ja so unheimlich gerne Schubladen sucht, erfinde ich mal schnurstracks den neuen Stil "Country Kraut Pop". Unbestreitbar hat dieses sanft und verträumt anmutende Album einen ganz eigenen Charakter und bei Gefallen absolutes Suchtpotenzial, da es eine unheimlich ergreifende Ruhe und Harmonie ausstrahlt.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002