CD Kritik Progressive Newsletter Nr.36 (07/2001)

Visible Wind - Barb-a-baal-a-loo
(54:19, Ipso Facto, 2000)

Ganze fünf Jahre haben sich die Franco-Kanadier Visible Wind mit dem Nachfolger zu "Narcissus goes to the moon" (Kritik PNL Nr.16) Zeit gelassen. Auf jenem Album ging es vom Sound und den Arrangements her doch recht deutlich zurück in die 70er, während die Vorgänger aus den späten 80ern und frühen 90ern eigentlich mehr im melodischen Neo Prog Bereich angesiedelt waren. Man durfte also gespannt sein, in welchem Jahrzehnt man sich nun dieses mal wiederfinden würde. "Barb-a-baal-a-loo" scheint zu Beginn mit dem Opener "The healer" eine Symbiose aus beiden Einflüssen zu wagen. Vor allem Keyboardsounds und knarzender Bass drehen die Zeit um 30 Jahre zurück, während die fröhlichen Melodien und das Arrangements etwas an die schwedischen Galleon, an neo-progressive Leichtigkeit erinnern. Doch Visible Wind gehen nicht auf Nummer sicher, denn schon der zweite Song "Maniaquerie" haut richtig schön schräg und sehr heavy rein. Aggressive Gitarren, gnadenlose Schlagzeug Power und überraschende Wendungen und Breaks zeigen das Quartett Wind von einer ganz anderen Seite. Danach wird noch deutlicher die Uhr zurückgestellt, antikes Instrumentarium und angestaubte Arrangements bestimmen diese CD. Die Hammond krächzt richtig fett, Mellotron schwebt vorbei, gelegentliche Flöte versprüht klassisches Flair, der Rhythmus groovt, die Melodien sorgen für Ausgeglichenheit, bevor wieder instrumentale Verspieltheit den Akteuren Platz zum Atmen gibt. Als Kontrast kriecht nicht nur beim französisch gesungenen, wunderbar tiefgründigen "Dans le vide" Traurigkeit durch die Takte. Visible Wind benötigen keine ausschweifende Epen, um zu überzeugen, sie verpacken ihre Emotionen in relativ kompakte Songs, die aber dennoch nicht überladen, sondern auf den Punkt gebracht daherkommen. Einfach noch vorne oder akustisch sparsam - hier kann man beides finden. "Barb-a-baal-a-loo" ist eine konsequente, gelungene Fortsetzung von "Narcissus goes to the moon", wobei die Kanadier wohl endgültig in der Vergangenheit ihre musikalische Zukunft gefunden zu haben scheinen. Wer jedoch auf die bescheuerte Idee kam, auf dem Cover den Barcode zu drucken, dieses wird wohl immer ein Geheimnis der Band bleiben.

Kristian Selm



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