CD Kritik Progressive Newsletter Nr.36 (07/2001)

Poseidon - Found my way
(77:36, Garden Of Delights, 1975)

Ohne die Arbeit von Garden Of Delights schmälern zu wollen, so muss man zuerst einmal neidlos anerkennen welchen Aufwand und Detailarbeit Walter Nowicki in jede seiner bisher über 50 Veröffentlichungen gesteckt hat. Anderseits ist jedoch ein Großteil in seinem Repertoire mehr etwas für den beinharten Sammler, der endlich die Möglichkeit hat, rare und nur teuer erhältliche LPs auf CD zu erwerben, meist sogar noch angereichert mit Bonusmaterial. Doch sind auch immer wieder musikalische Juwelen dabei, die auch für eine größere Hörerschaft von Interesse sind und diese sicherlich auch verdient haben. Jüngstes Beispiel: die ursprünglich aus Karlsruhe stammenden Poseidon. Ihr leider einziges, aus dem Jahr 1975 stammendes Album "Found my way" präsentiert bestens gespielten und produzieren, melodischen Progressive Rock mit symphonischen Bestandteilen. Trotz teilweiser Liedlängen jenseits der sieben Minuten, einigen feinen Soli an Orgel und Gitarre geht es in den Liedern nie zu komplex oder sprunghaft zu. Die Stimmungen können sich langsam entfalten, über allem schwebt eine unheimliche relaxte, sehr entspannte Atmosphäre. Blues und Rockeinflüsse gewinnen öfters die Oberhand, ohne dass die Band jedoch zu einfallslos erscheint. Interessanterweise klingt bei Poseidon keineswegs der deutsche Ursprung durch, und dies liegt nicht nur am ausgezeichneten englischen Gesang, der an manchen Stellen sogar mehrstimmig dargeboten wird. Durch die Verbindung von amerikanischen und englischen Wurzeln, Blues, Rock und Progressive Rock wirken Poseidon international, obwohl auch manche Ideen von der Stimmung her an Grobschnitt erinnern. Dass, was bei diesem Album für Hörspaß sorgt, ist die sorgsame Vermischung aus solidem Rockunterbau und verspielter Sinfonik, verpackt in gute Melodien, vom Aufbau immer nachvollziehbar. Die Musiker verstehen ihr Handwerk und man merkt ihnen an, dass sie zum Teil bereits in anderen Formationen seit 1969 zusammenspielten. "Found my way" beinhaltet keine Musik, die einen erschlägt, aber wird absolut angenehm unterhalten. Zudem gibt es 8(!) Bonustitel, alles live gespielte Coverversionen von Cream ("Sitting on top of the world", "Spoonful", "Crossroads", "White room"), Traffic ("John Barleycorn must die"), Ten Years After ("I'm goin' home"), Aynsley Dunbar Retaliation ("Run you off the hill") und Leonard Bernstein ("America", welches schon The Nice für ihre Zwecke missbrauchten), die aber auch die eigene Note von Poseidon verpasst bekommen, auch wenn es hier einen stilistischen Bruch gibt, es deutlich bluesiger, als bei den eigenen Titel zur Sache geht.

Kristian Selm



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