CD Kritik Progressive Newsletter Nr.36 (07/2001)
National Health - Playtime
(67:03, Cuneiform, 1979)
Sie gehörten zu den letzten "großen" Bands, die in der Canterbury Tradition standen. 1975 von Alan Gown (ex-Gilgamesh) und Dave Stewart (ex-Hatfield & The North) gegründet und mehrfach im Line Up verändert, veröffentlichten National Health lediglich zwei LPs, nämlich das titellose Debüt (1977) und "Of queues and cures" (1978). Kurz nach der Veröffentlichung des zweiten Album verließ Dave Stewart aufgrund interner Zwistigkeiten die Band. Doch dafür kehrte Ende 1977, der zwischenzeitlich ebenfalls ausgestiegene, Gowen zurück, um mit Phil Miller, John Greaves und Pip Pyle die Musik in eine ganz andere Richtung zu führen. Es ging mehr in Richtung Jams und Improvisation, weniger geschriebene, festgelegte Musik, dafür wurde einfach munter drauf losgespielt. Leider gab es aus jener Zeit, in der die Band fast permanent auf Tour war, bisher keinerlei Aufnahmen, was jetzt aber mit "Playtime" endlich nachgeholt wird. Aufgenommen während zweier Konzerte in Frankreich und den U.S.A. gibt es auf diesem Album fast ausschließlich bisher noch nie gehörtes Material dieses elektrisierenden Quartetts. Im Gegensatz zum Studiomaterial bewegt sich der Vierer in fast freien Gefilden, lebt sich in ausufernden Soloausflügen aus, um aber immer wieder als komplette Band einen gemeinsamen Konsens zu finden. Doch trotz der freien Spielweise im musikalischen Dreieck Jazz Rock - Fusion - Jazz, haben die Stücke eine Richtung und wirken nicht nur wie leere Hülsen, die ausschließlich in Selbstherrlichkeit und egomanischen Spiel ausarten. Ein äußerst interessantes Zeitdokument aus der Canterbury Szene, womit die Geschichte von National Health noch einmal eine ganz eigene musikalische Note erfährt.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001