CD Kritik Progressive Newsletter Nr.36 (07/2001)

Little Tragedies - Porcellain pavilion
(46:52, Boheme, 2000)

Gab es bisher vom russischen Label Boheme nur Reissues des ehemals staatlichen Label Melodiya, so liegt mit dem Duo Little Tragedies zum ersten Mal eine aktuelle Produktion aus Russland vor, die als Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu sehen ist. Als Grund, warum dieses Album sehr nostalgisch-klassisch, auch sehr nach den 70ern klingt, nennt Komponist, Keyboarder und Sänger Gennady Ilyin die Inspiration durch die Lyrik des russischen Poeten Nikolay Gumilev. Somit ist dass, was diesem Album hauptsächlich seine innere Spannung gibt, das Zusammenspiel des Keyboarders mit Gitarrist Igor Mikhel'. Meist sehr klassisch bzw. sinfonisch orientiert, bewegen sich beide Musiker im melodischen Sinfonic / Progressive Rock Bereich, die Übergänge zur Klassik und leichtem Bombast Hard Rock Touch sind fließend. Zwar neigen beiden zur leichten Verspieltheit, doch wirken ihre Extravaganzen, wie z.B. die kleinen Wakeman / Emerson Tiraden des Keyboarders, nie zu überladen, sondern bleiben locker im Rahmen des Erträglichen, des interessant Anhörbaren. Um noch eine Brücke zum Bandnamen zu schlagen; die "kleinen Tragödien" liegen zum einem im Gesang, der zwar durch die Härte der russischen Sprache einen guten Kontrast zur klassisch inspirierten Musik setzt, doch da dem Tastenmann das rechte Volumen fehlt, klingt manches mal die Traurigkeit der russischen Seele einfach zu arg durch. Glücklicherweise wohl sich dieses Mankos bewusst, halten sich die Gesangseinlagen in erträglichen Grenzen. Zudem kommt zwar durch den Verzicht auf einen "echten" Schlagzeuger und Bassisten die Rhythmustruppe aus dem elektronischen Wunderkasten, sie wird aber sachte und nie sich zu arg in den Vordergrund drängend, eingesetzt. Mal hier ein paar Schnörkel, mal dort ein wenig die Ecken glattpoliert, der Hörer wird nicht überfahren, das Zuhören ist aber auch keineswegs langweilig. "Porcelain pavilion" bietet schlichtweg ehrliche, solide Handwerkskunst für den Heimbedarf.

Kristian Selm



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