CD Kritik Progressive Newsletter Nr.36 (07/2001)
Ice Age - Liberation
(63:07, Magna Carta, 2001)
Es muss eben nicht immer nur die gnadenlose Haudrauf-Methode sein. Ging es auf Ice Ages Debüt "The great divide" noch recht deftig zur Sache, so haben die Amerikaner beim Nachfolger wesentlich mehr Gewicht auf Struktur und hymnische Melodien gelegt. Natürlich klingt dieses Album immer noch deutlich nach komplexen Prog Metal, doch wirkt es insgesamt technisch nicht zu überladen, dafür in den Details wesentlich facettenreicher und ausgeglichener. In dem über einstündigen Werk kommen sowohl die Fans von beherzter, komplexer Härte, wie auch Anhänger von Melodie und Abwechslung auf ihre Kosten. Ice Age sind ein weiterer Beweis dafür, dass sich glücklicherweise bei den Prog Metal Bands ein neuer Trend durchzusetzen scheint: nicht mehr Frickelei und die offensichtlich Zurschaustellung des eigenen Könnens stehen im Vordergrund, endlich scheint wieder mehr Augenmerk auf Songstruktur und auf den Punkt gebrachte Ideen gelegt zu werden. So gelingt auch bei Ice Age diese Balance. Da fliegen die Finger sehr virtuos und behände über die Saiten, die Rhythmusmaschine läuft gut geölt, der Sänger tremoliert, allein die Keyboards wurden etwas zu arg in den Hintergrund gedrängt, doch insgesamt steht der Gesamteindruck, der kompakte Songaufbau mit nachvollziehbaren Ideen im Vordergrund. Vielleicht wachen endlich auch die anderen Technikfreaks aus dem Prog Metal Lager auf und finden wieder den Weg zurück aus der Einbahnstrasse der eigenen Eitelkeiten. Ice Age zeigen den Weg, wie sich dieses Genre wieder selbst befruchten kann - weiter so!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001