CD Kritik Progressive Newsletter Nr.36 (07/2001)

H20 - Due
(49:37, Kaliphonia, 2001)

In Italien scheint das grassiernde "Komm-lass-und-nach-Genesis-klingen" Fieber ausgebrochen zu sein! Nachdem bereits im letzten Heft, The Watch mit ihrem aktuellen Album "Ghost", sich als deutlich von den frühen Genesis inspiriert outeten, so wandern jetzt ebenfalls H20 mit ihrem schlicht "Due" betitelten zweiten Album fast auf gleichen Pfaden. War das Debüt "Uno punto sei" noch komplett in italienisch eingesungen und deutlicher in der italienischen Prog Tradition verwurzelt, so wird dieses mal offensichtlich hörbar, woher die eigene Inspiration kommt. Zwar ist der Einfluss nicht ganz so augenscheinlich und nahe am Original eingesetzt wie bei The Watch, aber auch H20 merkt man an, dass sie sich Genesis sehr gut angehört haben, und es bestens verstehen Atmosphäre, Klangfarbe und Zusammenspiel zu reproduzieren. In der komplett gleichen Besetzung wie der Erstling einspielt, erstaunt einen besonders Sänger und Keyboarder Luca Prandi, der seine Intonation von kraftvoller Italo Power hin zu fragiler, absolut akzentfreien Gabrielkopie gewandelt hat. Dennoch wirkt "Due" auf die gesamte Laufzeit hin betrachtet durchaus eigenständig, und wird, abgesehen vom Gesang und dessen Untermalung, in den mehr ausschweifenden instrumentalen Passagen, zum Großteil von eigenen Ideen getragen. Gerade die jubilierende Gitarre, die sorgsamen Brüche in den Arrangements, gehen auch mal weg von rein harmonischer Melodieführung, streuen leicht schräge, sprunghafte Elemente ein, ohne dass man jetzt überfahren oder überfordert wird. Die Grundstimmung schwankt zwar manchmal hin zu unterschwelliger Traurigkeit, dennoch ist das Album von einer leichtfüßigen mediterranen Fröhlichkeit durchzogen, macht beim Anhören von vorne bis hinten einfach Spaß. Kaum Verschwinden Genesis wohl endgültig von der Bildfläche, ist endlich Platz für die richtig guten Nachahmer. Mal sehen, wer als nächster perfekter Ideenverwerter an das von The Watch und H20 schon mal recht hoch angesetzte Niveau heranreicht.

Kristian Selm



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