CD Kritik Progressive Newsletter Nr.36 (07/2001)
Finisterre - Storybook
(77:21, Moonjune Records, 2001)
Eigenartig, sehr eigenartig. Vor rund drei Jahren veröffentlichten Finisterre bereits das Livealbum "Live...ai margini della terra fertile...", jetzt legen sie mit "Storybook" noch mal ein Livealbum nach. Besonders eigenartig, dass bis auf die P.F.M. Coverversion "Altaloma", sowie das vom 95er Debüt stammenden "Canto antico", die Titel komplett identisch sind und die Aufnahmen zudem, wie beim anderen Livealbum auch, ebenfalls aus dem Jahr 1997 stammen. Und noch viel eigenartiger: die komplette CD gibt es ohne "Altaloma" bereits als Limited Edition unter dem Namen "Live at ProgDay '97". Zwei noch erklärbare Gründe mögen wahrscheinlich sein, dass diese limitierte Ausgabe schon längst ausverkauft ist und die Klangqualität bei "Storybook" im Vergleich zu "Live...ai margini della terra fertile..." wesentlich besser ist, zudem endlich der komplette Gig des Auftritts beim Progday Festival erhältlich ist. Wie dem auch sei, diese CD enthält richtig guten Italo Prog Rock und wer Finisterre bereits von den Studioaufnahmen kennt, dem wird die Energie, die der Fünfer auf die Bretter der Storybook Farm damals brachte, auf jeden Fall gefallen. Treibende Gitarrenläufe, Mellotron- und Orgelgedröhne, durchzogen von feinen Flötenlinien, verfeinert durch satten Rhythmus verfehlen nicht ihre Wirkung. Zwar bleibt gerade in den emotionsgetriebenen Passagen der selten vorkommende Gesang der Schwachpunkt, doch gefühlvolles, euphorisches instrumentales Zusammenspiel macht dieses Manko mehr als wett. Dadurch, dass bei Finisterre auch Platz für leicht jazzige und psychedelische Klangfarben sind, erfährt die Musik ihren ganz eigenen Reiz. In jenen Augenblicken, wenn die Band sich Zeit lässt, in ausschweifenden Instrumentalorgien mal sachte, mal expressiv agiert, kommt die Vielfalt der italienischen Seele zum Tragen. Wer schon über ein reichhaltiges Finisterre Repertoire und der angrenzenden Projekte wie Höstsonaten und Merlin verfügt, muss selbst entscheiden, ob er dieses Livealbum unbedingt noch braucht. Als Einstieg bietet es auf jeden Fall einen famosen Überblick über die ersten beiden Alben der Italiener, die hoffentlich nach dem leichten Ausrutscher des letzten Studioalbums, wieder den Weg zu alter Stärke finden.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001