CD Kritik Progressive Newsletter Nr.35 (05/2001)
Poetica In Silentio - Who rolls the dice
(27:47, Privatpressung, 1999)
Man hat so seine Schubladen, wenn man eine CD aus bestimmten Ländern bekommt. Bei Holland schwingen da immer die Erinnerungen an viele recht laue Produktionen vor allem vom inzwischen nicht mehr existierende SI-Label mit. Doch Vorurteile und Schubladen sind glücklicherweise dazu da, wiederlegt zu werden. Aktuelles Beispiel aus Holland, obwohl der Bandname auf eine ganz andere Herkunft schließen lässt: Poetica In Silentio. Zuerst einmal fällt die CD schon optisch durch eine sehr originelle Aufmachung auf. Bis auf die CD, ist alles komplett transparent: das Tray, Vorder- und Rückseite, die Infos bzgl. Titel, Albumtitel und Bandname stehen lediglich auf durchsichtiger Folie. Zusätzlich wurde der Albumtitel in weißen und schwarzen Buchstaben auf die Frontseite gedruckt, so dass man je nach Sichtweise "Who rolls the dice" oder "Worst ice" lesen kann. Und als abschließender Gimmick befinden sich auch noch zwei kleine Würfel im Tray. Prima Konzept, welches keineswegs ein Ableckungsmanöver bzgl. der Musik darstellt. Zurück zu den Schubladen. Wenn man Poetica In Silentio musikalisch irgendwo hineinstecken muss, dann gibt es mehrere Ansätze. Zum einen standen die 70er mit Elementen von King Crimson und Van der Graaf Generator Pate, doch finden sich ebenfalls Folk- (durch die sorgsam eingesetzte Geige) und Alternative Gitarren Rockelemente in das schlüssige Konzept ein. Die Musik der Holländer lebt von Kontrasten. Mal harte Riffs, dann sanfte Geigentöne, schräge Akkordfolge, aber auch wunderbare Melodien, zerbrechlicher Gesang, der manchmal etwas unsicher wirkt, aber dennoch zur Musik passt und vor allem sehr gute Instrumentalparts, die sich in Dramatik und Spannung steigern und geschickt Stimmungen aufbauen. Dieser Grundstock ist auch die hörbare Ursache dafür, dass man sich dieses Album mehrfach anhören kann, ja fast schon muss, denn unbestreitbar ist hier Musik mit einem gewissen Sucht-Potenzial entstanden. Nicht erschlagend innovativ, aber irgendwie gut. Zwar befinden sich auf dieser Mini CD leider nur fünf Titel, und das lediglich dreiminütige, simpler aufgebaute "Laughter cries" fällt gegenüber dem Rest ab, die Produktion verdient sicherlich auch noch etwas Power, doch insgesamt macht es wirklich Spaß, sich die traurigen, etwas melancholischen Songs der Holländer anzuhören. Endlich wieder mal eine Band, von der man sich wünscht, in der Zukunft hoffentlich noch mehr zu hören.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001