CD Kritik Progressive Newsletter Nr.35 (05/2001)

Gila - Bury my heart at Wounded Knee
(40:59, Garden Of Delights, 1973)

Und wieder mal eine Geschichte aus der Vergangenheit: ursprünglich aus Stuttgart stammend, hatte es Gila Bandleader Conny Veit 1972 beruflich nach München verschlagen. Zu jenem Zeitpunkt hatte seine Band zwar bereits eine LP aufgenommen, faktisch war die Gruppe aber nicht mehr existent. Doch wie das Leben eben so spielt, fand Veit mit den Popul Vuh Mitstreitern Daniel Secundus Fiechelscher und Florian Fricke zwei neue Musiker für seine Band, seine damalige Lebensgefährtin Sabine Merbach steuerte den Gesang bei und schon war die zweite Version von Gila geboren. Mit "Bury my heart at Wounded Knee" entstand in gemeinsamer Zusammenarbeit ein der Indianertradition verbundenes Konzeptwerk. Wer noch mehr über die bewegte Geschichte der Band erfahren möchte, kann dies, wie von Garden Of Delights gewohnt, im wie immer sehr ausführlich und vorbildlich gestalteten Booklet nachlesen. Doch auch die Musik hat es in sich. Auf der einen Seite stehen mehr einfach strukturierte Folksongs hauptsächlich dominiert von akustischer Gitarre und Flöte, schön anzuhören, aber nicht unbedingt spektakulär, auf der anderen Seite bekommt man kleine Kunstwerke psychedelisch angehauchten Krautrock / Space Rock zu hören. Wie bei einem indischen Raga steigern sich die Songs, stetig vorangetrieben von schwebenden Gitarren- bzw. Mellotronsounds. Absolutes Highlight auf dieser CD ist das über siebenminütige "The buffalo are coming", welches wie ein Hörspiel Indianertrommeln, hypnotische Rhythmen und lautmalerisches Bisongetrappel greifbar werden lässt. Über dem ganzen Album liegt dem Thema entsprechend eine verklärte, leicht traurige Grundstimmung, die aber der Musik gerade den besonderen Reiz verleiht. "Bury my heart at Wounded Knee" lebt vor allem von seinen Stimmungen. Traumhaft arrangiert verfehlen die sorgsam gestalteten Songs, die irgendwo zwischen Folk, Art Rock und Psychedelia ihren Platz gefunden haben, auch heute noch ihre Wirkung keineswegs.

Kristian Selm



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