CD Kritik Progressive Newsletter Nr.34 (02/2001)
Gerard - The ruins of a glass fortress
(45:13, Musea, 2000)
Gerard gehören zu denjenigen Bands, die einfach perfekt den Klischees von erschlagendem Bombast bzw. aufgeblasener Leere - je nach Sichtweise - entsprechen. Auch auf dem aktuellen Album "The ruins of a glass fortress" wirbelt sich das Trio um den ex-Novela Keyboarder Toshio Egawa nur so durch dynamische Soundgewitter und heftigen Breitwandsound und bestätigt gleichermaßen Fans, wie Kritiker. Und ohne lang herum zu reden, ich meinerseits stehe auf diese Art von Nippon Bombast, weshalb natürlich die Begeisterung (fast) keine Grenzen kennt und diese Kritik vielleicht eine Spur zu begeistert klingt. Man möge mir verzeihen! Wie bereits auf den anderen Alben aus den Mid 90ern gelingt Gerard eine stimmige Symbiose aus ordentlicher Härte, jede Menge Druck von der Rhythmustruppe Atsushi Hasegawa (Bass) und Masuhiro Goto (Schlagzeug), sowie eine unglaublich Vielzahl von differenzierten Sounds aus dem elektronischen Wunderkastenarsenal. Mal bekommen Egawa's Tastenspielereien einen Violinensound, dann krächzt die Hammond ganz verschmitzt oder der orchestrale Klangteppiche breiten sich breitflächig aus. Zwar ist die Musik von Gerard sehr auf die Keyboards zugeschnitten, doch das Rhythmusduo setzt dagegen mal mit knarzendem Bass oder flottem Fellgewirbel einen gesunden Gegenpol. Die Kompositionen haben trotz aller solistischen Ausflüge eine innere Struktur und sich aufbauende Dramatik und dienen nicht nur als hohle Plattform für Egawa's ausgezeichnete Virtuosität. Was zudem Gerard von den weiblichen Kollegen Ars Nova oder auch Planet X unterscheidet, ist die Tatsache, dass die Lieder ein eigenes Profil haben und sie über einen gewissen Wiedererkennungswert verfügen. Da sich der aus Kanada stammende Sänger Robin Suchy verflüchtigt hat, gibt mit Jean-Luc F. Nazaki immerhin bei zwei Liedern einen passablen Gastsänger, ansonsten heißt es: fast immer volles Tempo und Gedröhne zum Haare fönen, denn bis auf den Titelsong, scheint das Wort Ruhe für die drei Japaner ein Fremdwort zu sein.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001