CD Kritik Progressive Newsletter Nr.33 (12/2000)
Flamborough Head - Defining the legacy
(68:10, Cyclops, 2000)
Da drückt sich Cyclops aber mit seinen selbstbeweihräuchernden Anpreisungen verdächtig überschwänglich aus: "Für die Tausende von Flamborough Head Fans hat das Warten ein Ende. Das Warten hat sich gelohnt - die Band ist mit einem höllischen Album zurück. Ein 68 Minuten langer, purer sinfonischer Progressive Rock Geniestreich, ein Muss für alle Fans und Anhänger dieser Musiksparte!" Aber hoppla, als kritischer Kritiker kommt angesichts solcher Lobpreisungen natürlich sofort Zweifel auf, denn in der Erinnerung war das Debüt der Holländer zwar recht gut, aber keineswegs ein Überhammer. Doch auch aus einem Zwangsskeptiker kann noch ein überzeugter Hörer werden, denn "Defining the legacy" ist wirklich ein gutes bis sehr gutes Neo Prog Album, dass eine in sich gereifte Band präsentiert. Flamborough Head sind entgegen vielen anderen, mehr sinfonisch, aber einfach strukturierten holländischen Bands, ein wohltuende Abwechslung. Zwar beherrschen auch bei ihnen schöne Melodien und zugänglicher Liedaufbau die sieben Songs im Longsongformat zwischen 6 bis 12 Minuten, doch sind die Ideen vielschichtiger, Breaks führen zu überraschenden Wendungen und besonders die sinfonischen Elemente haben wirklich Charakter und Ausstrahlung. Die Lieder fließen harmonisch vor sich hin und sind kein Stückwerk beliebiger Ideenschnipsel. Einziger Schwachpunkt bleibt Keyboarder und leider auch in Personalunion Sänger Siebe-Rein Schaaf, der sich zwar am Mikro redlich müht, aber seinem Organ doch nicht genug Volumen und Ausdruckskraft verleihen kann. Da sich aber das Quintett meist in sehr ausschweifenden instrumentalen Parts auslebt, wird man mehr von flirrenden Gitarrenläufen oder orchestralem Bombast gefangengenommen. "Defining the legacy" bietet zwar nicht immer Neo Prog auf allerhöchstem Niveau, doch steckt in diesem Album so viel Schönheit und Melodienreichtum, dass die recht große Käuferschar dieser Stilsparte ihren Wunschzettel um ein gelungenes Werk erweitern kann.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2000