CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)
Sergio Alvarez - Pasaje a la revelación
(42:22, Privatpressung, 1999)
"Keyboard Solowerk, inspiriert von Wakeman und Emerson, großartig!" Mit diesem nichtssagenden Zitat nähert man sich unwillkürlich dem Niveau von Aussagen, wie "Schnee ist weiß und die Nacht ist dunkel". Ja, zum Geier, welcher Keyboarder, der etwas von versiertem Tastengedrücke hält, ist wohl nicht von diesen zwei außergewöhnlichen Keyboard Wizards beeinflusst? Nun gut, Schwamm drüber, denn warum den Mann aus Buenos Aires gleich mit Vorurteilen belasten, denn er versteht es durchaus die Elektronen in Schwingung zu versetzen und okay, kleine Wiedergutmachung, er klingt auch stilistisch manchmal Richtung Keith Emerson. "Pasaje a la revelación" zeichnet sich auf den ersten Blick zwar durchaus durch die üblichen Zutaten aus, die ein solistisches Ego-Klimperwerk so enthält, als da wären: massives Klanggewitter, nicht ganz so massives, aber leicht nerviger Drumcomputer und das Zuschaustellen der eigenen Fähigkeiten. Nun macht auch Sergio Alvarez nicht alles richtig, denn manche Sounds klingen recht billig und beliebig und bei den beiden Gesangstiteln outet er sich nicht gerade als Gesangstalent, bringt diese harte Arbeit aber ganz ordentlich zu Ende. Doch als Entschädigung gibt's ebenso: Tempo, Virtuosität und einige gute Einfälle, die durchaus gefällig wirken. Stilistisch bewegen sich die über 40 Minuten im sinfonischen Progressive Rock Bereich, nicht zu weich, nicht zu hart, die richtige Mischung aus Komplexität und Melodie eben. Der Keyboarder aus Argentinien spielt sich zu recht ins obere Drittel seines Genres. Deswegen gibt auch den Südamerikanern eine Chance, denn sie können nicht nur gut Fußball spielen!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999