CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)

Pentangle - Passe avant
(57:29, Park Records, 1999)

Was man so alles auf seinem Hawaii Urlaub bei zufälligen Stöbern in Plattenläden findet. Nicht etwa hawaiianischen Prog, sondern das aktuelle Album einer Band, die für mich zu einer der positiven Überraschungen auf dem diesjährigen Burg Herzberg Festivals zählte. Bereits 1967 gegründet, ist heute von der ursprünglichen Besetzung niemand mehr dabei, allein die Ende der 60er Jahre hinzugestoßene Folk-Sopranistin Jacqui McShee hält die Fahne der sensiblen Jazz-Folk-Rocker hoch. Dabei umgibt sie sich mit erstklassigen Musikern, wie z.B. Schlagzeuger Gerry Conway (Fairport Convention), dem Saxophonisten Jerry Underwood oder auch als Gastmusiker Bassist John Giblin. Neben der unverwechselbaren Stimme von Jacqui McShee, die in Tonlage zwischen Annie Haslam und Loreena McKennitt liegt, durchziehen vor allem leicht mit Jazz angehauchte Ideen und komplexe Rhythmen die Musik. Doch da das Schlagzeug mehr gerührt (mit Besen) als geschlagen wird, klingt dies sehr zurückhaltend, geradezu unterschwellig, aber dennoch beeindruckend. Beim Herzberg Open Air hatte die Band mit der späten Uhrzeit zu kämpfen, da die hauptsächlich auf Neuinterpretationen englischer bzw. keltischer und französischer Traditionals aufgebauten Klänge meist sehr ruhig vor sich hinfließen. Für manchen zu wenig, ist dies deutlich Musik für die ruhigen Stunden des Tages. Ein äußerst besinnliches Album, welches aber voll wunderbarer Momente und Melodien steckt. Durch den Einfluss neuer Klänge (z.B. moderne Rhythmen die von Jacquis Sohn stammen), wird auch dem Zeitgeist etwas Tribut gezollt. Und immer wieder diese Stimme, einfach traumhaft!

Kristian Selm



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