CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)
Æther - Visions
(53:54, Privatpressung, 1999)
Brasilien gehört zu den Ländern, die durch einen ungemeinen Ausstoß an Prog CDs beeindrucken, doch leider sind die meisten Veröffentlichungen Ausschuss. Einfach für europäische Ohren zu arg mit Weichspülsound zugekleistert oder inhaltlich weniger überzeugend. Doch wie immer gibt es auch hier die goldenen Ausnahmen, in diesem Falle Æther. Für das Debüt ließ man sich immerhin 20 Jahre Zeit und das Alter ist der Musik anzuhören. Dies ist keineswegs negativ gemeint, sondern bezieht sich auf die Sounds (besonders die verzerrte, sehr weinerliche Gitarre) und sinfonischen Arrangements, die den Geist der 70er atmen. Vor allem die als eigene Einflüsse bezeichneten Camel und Pink Floyd scheinen mehrmals durch. Die Gelassenheit und Melodik Andy Latimers ist in mehreren Stücken deutlich spürbar. Daneben wird aber auch dem Neo Prog gehuldigt ("A new bright day", übrigens auch das einzige Lied mit Gesang) und der Bogen zur Klassik geschlagen. Ein weiteres Kernstück der CD bildet zudem die sechsteilige, über siebzehnminütge "Altenburg Suite". Nach dem dramatischen Gesang der Sirenen, geht es deutlich in klassische Gefilde, im weiteren Verlauf lebt das Stück von akustischer Gitarre, leisen Flötentöne, weichem Spinett und gefühlvoll gespielter Geige, die dieser Suite Ruhe und Wohlklang verleihen. Überhaupt stehen immer wieder positive Melodien im Vordergrund, die nicht einfach aneinandergeklatscht wurden, sondern homogen ineinander fließen. Dagegen ist der Schluss doch eine Spur zu poppig geraten. Ein zwar über weite Strecken sehr getragenes Album, welches aber Würde und Wärme ausstrahlt. Sicherlich geht es an manch einer Stelle auch mal etwas zu langatmig zu, das Schlagzeug klingt hier und da recht synthetisch, wenn man aber Zeit zum Zuhören und Sichfallenlassen hat, dann bieten einem Æther beste Unterhaltung zur Entspannung.
Kristian Selm
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