CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)

Guy Manning - Tall stories for small children
(69:30, Cyclops, 1999)

Guy Manning hat bisher vor allem als Nebenbeibandmitglied bei Parallel Or 90 Degrees auf sich aufmerksam gemacht. Und so erstaunt es auch nicht, dass auf seinem Soloalbum z.B. auch deren Mastermind, Sänger und Keyboarder in Personalunion Andy Tillison-Diskdrive mit von der Partie ist. Gleich der vierzehnminütige Opener "The last psalm" haut genau in diese Kerbe: fette Hammonds, eindringliche Melodien, schleppender, aber dramatischer Songaufbau mit bestem Pink Floyd / Roger Waters Feeling. Doch nur ein Plagiat abzuliefern war bestimmt nicht die Absicht von Guy Manning, was sich wiederum in den anderen Liedern wiederspiegelt, die dann von der Anlage her anders gelagert sind. In ihnen gewinnen die Songschreiberqualitäten und eher spartanischen, mehr auf die Textaussage gerichteten Aspekte die Oberhand, womit auch der Ursprung progressiver Rockmusik mit sinfonischen Elementen mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt wird. Es fließen Ideen aus dem Folk oder von orientalischem Ursprung ein, Akustikgitarre und Piano, ruhige Stimmungen, sowie die angenehme Stimme Mannings stehen mehr und mehr im Vordergrund. "Tall stories for small children" wird auf die gesamte Laufzeit zu einer Ansammlung von Songs über Religion, Krieg und Menschheit, bei der die Musik zwar eine wichtige, aber doch mehr untermalende Stellung einnimmt. Der Übergang der Musik zu netter, aber auch irgendwie wenig forderndem Beiwerk lässt das Album doch mit zunehmender Laufzeit abfallen. Der Brite hat sich hinsichtlich Umsetzung und Dramatik eindeutig Mühe, aber Soundeffekte und tiefschürfende Texte machen aus ihm leider keinen Roger Waters. Immer wieder aufblitzende Einfälle mit gefühlvollen Gitarrenklängen machen dieses Manko zum Teil jedoch wieder wett. Das positive überwiegt so über dem weniger guten.

Kristian Selm



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