CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)
iO - Strange tales from the urban circle
(50:33, Dragonfly Productions, 1999)
"Es ist 6 Uhr abends, Du bist hungrig, Du bist müde und Du willst nur nach Hause und Deine Füße hochlegen, aber vor Dir liegen noch 20km Stop and Go Verkehr. Du brauchst etwas Trost. Du möchtest überall sein, bloß nicht hier. Du schmeißt iOs 'Strange tales from the urban circle' in Deinen CD Player und die nächsten 54 Minuten bist Du weit, weit entfernt..." Nach den einführenden Worten aus dem Beipackzettel noch etwas mehr Backgroundinformationen über die so gepriesene Band. iO stammen aus Kanada und bestehen aus Tim Foley (Gesang, Keyboards), Stephanie Sheri (Gesang, Keyboards) und Darren Porier (Gitarre). Als Gastmusiker konnte Charlie Morgan (u.a. Elton John, Pete Towsend, Paul McCartney) am Schlagzeug verpflichtet werden, Mark Shannon zupft den Bass. Um die musikalische Schublade zu ziehen, so kann man das, was aus den Boxen kommt, am besten mit anspruchsvoller, intelligenter Rockmusik umschreiben. Als Vergleich kann am ehesten The Fixx herangezogen werden, wobei auch der Ansatz von It Bites und den Rocket Scientists, die erfolgreich Rock und Prog misch(t)en, zum Tragen kommt. Die Produktion ist voluminös, die Arrangements ausgefeilt, aber nicht zu überladen, Bombast und rockige Gitarrenriffs sorgen für Wohlklang. Interessante Hörbeispiele sorgsam zusammengestellter Klanglandschafen. Vom Sound und der Qualität der Musik kann man keineswegs meckern, auch ergänzen sich die beiden Sänger/in prima, doch hat diese (fast) perfekte Rockscheibe ein kleines Manko: den Songs fehlt irgendwie der letzte Biss, die Melodien wollen nicht so recht im Gedächtnis hängen bleiben, der A-ha Effekt schlägt nicht sofort zu. Dass in dieser Band noch mehr Potential steckt, beweist z.B. der rund sechsminütige Titel "Nations", wo neben dem traumhaften Zusammenspiel auch noch packende Dynamik dieser Mid-Tempo Nummer den rechten Schmiss verleihen. Eine mutige und vielschichtige Rockscheibe von einer Band, von der man hoffentlich in der Zukunft noch mehr hören wird.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999