CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)
Indisciplined Lucy - About the black eyed girl
(61:39, Rect Angular, 1999)
Man ist ja aus Skandinavien einiges gewohnt. Entweder geht's recht düster zur Sache oder die Grenzen der Belastbarkeit werden neu ausgelotet. Indisciplined Lucy gehen nun noch einen Schritt weiter und vereinen nicht nur diese beiden Elemente, sondern verpacken dies auch noch geschickt in ein Konzept über Leben, Macht und Tod, gut und böse, Tag und Nacht, schwarz und weiß. Nach eigenen Aussagen werden Einflüsse von King Crimson, David Bowie, Igor Strawinsky verschmolzen, der klassische Anspruch wird durch die Hinzunahme von elektrischer Violine und Cello zum 'normalen' Rockinstrumentarium (Gitarre, Bass, Keyboards, Schlagzeug) unterstrichen. Hier und da klingt das Dargebotene einfach wie eine moderate Version von Devil Doll bzw. Lacrimosa ohne den gruseligen Gesang, wobei Sänger Pelle Lindroth immer noch sehr eindringlich die Worte fließen lässt. Neben aller Melancholie und Traurigkeit, Klassik, Folk und zeitgenössischer Musik kommen aber auch nicht die mitreißenden Momente zu kurz. Die beiden Gitarristen kämpfen kontraproduktiv gegen die klassischen Saiten an, das Duell sieht über die gesamte Laufzeit jedoch Violine und Cello als Sieger. Insgesamt regieren auf dem Album jedoch die besinnlichen Momente und nachdem man sich zu Beginn durch klangliches Dickicht gekämpft hat, werden die Melodien im weiteren Verlauf immer geradliniger, aber dennoch nicht langweilig und zum Schluss geht es noch einmal richtig heftig zur Sache. "About the black eyed girl" ist sperrig und ungewöhnlich zugleich. Die Geschichte, die in den 12 Songs erzählt wird, gewinnt nach mehrmaligen Anhören immer mehr an Struktur und Sinn. Kein Album, dass beim ersten Anhören hängen bleibt, aber doch so viel Stoff bietet, um sich mit ihm mehrmals zu beschäftigen. Dark Wave meets Progressive Rock: Ausgang eindringlich und ungewiss.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999