CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)
Keith Emerson - The Christmas album
(57:50, Gunslinger Records, 1999)
Weihnachten steht vor der Tür, aber die größte Bescherung gibt's schon davor. Keith Emerson, einer der großen Maestros der schwarzen und weißen Tasten, hat sein ganz persönliches Weihnachtsalbum eingespielt. Dass er versteht altbekannte bzw. klassische Themen für sich neu zu entdecken und ihnen einen eigenen Touch zu verleihen, ist spätestens seit seiner Zeit bei The Nice klar, bei Emerson Lake und Palmer wurde diese Kunst noch weiter verfeinert, was z.B. in Klassikern im Stile von "Pictures at an exhibition" oder "Fanfare for the common man" mündete. Auf "The Christmas album" werden nun All-time-classic im Stil von "Silent night", klassisches à la Prokofievs "Troika" oder Eigenkompositionen von Emerson bunt vermischt und freigiebig unter den Gabentisch gestreut. Aber Emerson würde sich nicht treu bleiben, wenn nicht überall etwas hinzufügt und somit dem ganzen seine eigene persönliche Note verpasst. Mal arbeitet er simple Folksongs in epischen Formen aus, dann greift er in die spieltechnische Kiste und zaubert Jazz, sinfonischen Bombast oder weihnachtlichen Schmalz aus dem elektronischen Klimpertasten. Doch leider gelingt ihm nicht immer der Brückenschlag zur sauberen Neuinterpretation, manches wirkt doch zu zuckersüß (z.B. der Kinderchor bei "Captain Starship Christmas") oder zwanghaft überfrachtet. Warum er zudem fast vollständig auf einen echten Schlagzeuger verzichtet und nur müde, steril-synthetische Drumsounds abliefert, kann ihm wohl am wenigsten verziehen werden. Keith Emerson lässt zuweilen sein unbestreitbares Können aufblitzen, doch er findet nicht immer das richtige Mass und zerfällt zuweilen bis hin zu traurigen Karikatur. Ein Album mit vielen Höhen und manchen Tiefen, für dass man am besten die Weihnachtsbrille aufzieht, damit der Weihnachtsmann gnädig bleibt und nicht die Rute auspacken muss.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999